„Materialsammlungen wie im Museum“
Prof. Martin Korda war der vierte Rektor unserer Hochschule, in seine Amtszeit 1980 bis 1984 fiel der Umzug der Hochschulleitung und Verwaltung in die Hüfferstiftung. Der 83-Jährige erinnert sich gern an diese Zeit.
Legendär: Im Mai 1981 überreichten FH-Rektor Prof. Martin Korda (l.) und FH-Kanzler Hans Michatsch (r.) dem NRW-Minister für Wissenschaft und Forschung, Hans Schwier, den Sparstuhl – eine Reaktion auf den Appell des Bundeskanzlers Helmut Schmidt an die Hochschulen, „mehr betriebswirtschaftliche Phantasie zu zeigen“. (Foto: FH Münster/Archiv der Pressestelle)
Herr Korda, Sie sind zum Wintersemester 1974/1975 an den Fachbereich Architektur berufen worden. Was sind Ihre Erinnerungen?
Korda: Ich kam in ein Kollegium, das aus würdigen, fachlich erfahrenen Bauräten bestand, die in eingefahrenen Strukturen aus der Zeit der Staatlichen Bauschule agierten. Die Studierenden kamen zur Hälfte aus dem Handwerk mit reichlich Praxiserfahrung, da gab es manchmal Reibungen. In den Fluren und Hörsälen in der Lotharinger Straße standen Schränke mit Materialsammlungen, die mich an Museen erinnerten.
Sie waren der erste Rektor, der nach dem seit 1979 geltenden Fachhochschulgesetz gewählt wurde. Welchen Stand hatten da die Fachhochschulen im Lande und unsere Hochschule speziell?
Da muss ich die Uhr einmal kurz zurückdrehen. Unsere Hochschule hatte sich ja mit ihrer Gründung aus den Ingenieurschulen für Bauwesen in Münster und für Maschinenbau in Steinfurt sowie der Werkkunstschule Münster und der Hildegardisschule zusammengesetzt, dazu kamen die neu gegründeten Fachbereiche Wirtschaft und Sozialwesen – das war also eine heterogene Gruppe unter der Aufsicht des Kultusministeriums. Mit dem Aufbau war unser Kanzler Hans Michatsch beauftragt, der eine sehr weitsichtige Personal- und Strukturpolitik betrieb. Der Wandel kam 1973/74 mit der Leitung durch einen Rektor und hochschulgemäßen Berufungsverfahren statt „Einstellungen“.
Wie ist Ihre Wahl abgelaufen?
Im Herbst 1980 bin ich im zweiten Wahlgang vom Konvent zum Rektor gewählt worden, aber erst am 19. Dezember erhielt ich vom Wissenschaftsminister Schwier die Ernennungsurkunde in Düsseldorf. Vorher hatten wir allerdings schon das Rektorat mit erstmals drei Prorektoren und dem Kanzler als Leiter der Verwaltung installiert, das musste erst einmal geübt und den Hochschulmitgliedern erklärt werden. Wir hatten schon gemeinsam die Gremien in Münster und Steinfurt besucht, und ich hatte schon Zusammenkünfte mit meinen Kollegen im Lande erlebt. Die Arbeit begann ganz schön flott, zumal ich meine Lehrverpflichtungen im Fachbereich weiter wahrnehmen wollte, da die Studierenden und die Diplomarbeiten betreut werden wollten und mussten. Kanzler Michatsch war eine große Hilfe, seine Erfahrung auf den Schauplätzen in Stadt und Land war im Anfang unentbehrlich.
Die Expertise von Prof. Dr. Martin Korda (1. Reihe, Mitte) ist noch immer gefragt: Als Jurymitglied im Projekt „Palliativstation für das Herz-Jesu-Krankenhaus“ war er im August 2020 an der Auswahl des besten studentischen Entwurfs beteiligt. (Foto: Anne Holtkötter)
Was haben Sie als die wichtigste Aufgabe in Ihrer Amtszeit angesehen?
Im Gegensatz zur Universität war unsere Ausbildung betont praxisorientiert. Unsere Lehrenden kamen aus der Praxis, und sie nutzten ihre guten Kontakte. Die waren auch wertvoll, um an unserer Hochschule mit Forschungsprojekten und Weiterbildungen zu starten. Dafür war auch die Zusammenarbeit mit IHK und HWK ein großer Vorteil. Nun galt es im Rektorat, jede Initiative zu fördern, die zu internationalen Kontakten führt. Die Partnerschaften mit Hochschulen in England, Frankreich und USA sind in Lehre, Forschung und studentischem Austausch gut angelaufen. Eine weitere Aufgabe sahen wir in der Öffentlichkeitsarbeit, den Kontakten zur lokalen Politik, um uns in der Stadt und in NRW zu positionieren.
Gibt es eine Anekdote, an die Sie besonders gern zurückdenken?
Ja. Der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt hatte einen Appell an die Hochschulen gerichtet, „mehr betriebswirtschaftliche Phantasie zu zeigen“, um der Forderung nachzukommen, doppelt so viele Studierende bei gleicher finanzieller und räumlicher Ausstattung aufzunehmen. Unsere ironische Antwort darauf war unser sogenannter Sparstuhl. Den haben wir im Mai 1981 dem NRW-Minister für Wissenschaft und Forschung, Hans Schwier, überreicht. Wir haben den Minister auf dem halben Stuhl sitzen lassen – davon gibt es leider kein Foto, das hatte er sich verbeten.
Ein Duplikat davon hat übrigens jeden Umzug überlebt, er steht zurzeit am Pottkamp auf dem Gang zum Präsidium und wird sicher auch wieder einen Platz in der Hüfferstiftung finden. Wessen Idee war das überhaupt und wer hat ihn hergestellt?
Die Idee stammte von Herrn Michatsch und meiner persönlichen Referentin, Frau Rodenbach. Den Stuhl hat ein Mitarbeiter in der Modellwerkstatt am Fachbereich Architektur, Herr Wetter, aus einem Standardstuhl zusammengesetzt und mit unserem Signet versehen.
Sie sind seit 2002 im Ruhestand. Was machen Sie in der dadurch freigewordenen Zeit?
Anfangs habe ich weiterhin meine Diplomanden betreut und die notwendigen Vorlesungen mit einem Lehrauftrag gehalten, weil noch kein Nachfolger für das Lehrgebiet Städtebau berufen worden war. Aber natürlich hatte ich mehr Zeit zum Reisen, übrigens auch mit Studierenden und Ehemaligen. Außerdem war und bin ich noch beratend in Büros, Gestaltungsbeiräten und Gutachtergremien zu städtebaulichen Fragen tätig. Das alles sind selbstgewählte Aufgaben, die keinen Stress bedeuten, aber Engagement erfordern. Gelegentlich bin ich an meinem Fachbereich, auch mal mit einer digitalen Vorlesung, und treffe meine Kollegen, ich nutze auch noch die Bücherei. Und natürlich ganz wichtig: Meine Söhne mit den Familien und den drei Enkeln bedeuten meiner Frau und mir sehr viel.
Und verfolgen Sie noch die Nachrichten über unsere Hochschule?
Ja, alle Nachrichten in der Presse und in FH- Publikationen lese ich begierig. Schließlich waren der Fachbereich und die Hochschule insgesamt ein Teil meines Lebens.
Interview von Anne Holtkötter
Zum Thema:
Gründungsrektor unserer Hochschule war Prof. Dr. Otto Werhahn. Es folgten als gewählte Rektoren
am 21. Dezember 1971 Prof. Dr. Johann-Dietrich Elbers,
am 12. Februar 1975 Prof. Dr. Manfred Sentko,
am 22. Juni 1979 Prof. Dr. Klaus Mangold,
am 19. Dezember 1980 Prof. Martin Korda,
am 18. Dezember 1984 Prof. Dr. Peter Schulte,
am 9. Januar 1991 Prof. Dr. Peter Pleyer,
am 1. März 1998 Prof. Dr. Klaus Niederdrenk.
Am 1. Oktober 2008 wird mit der Entscheidung für eine Präsidialverfassung Prof. Dr. Ute von Lojewski zur Präsidentin gewählt.