Erfinderwerkstatt FH Münster: Stefan Adam über die Patentanmeldungen der Hochschule
Im Jahr 2001 vollzog sich ein Wandel in der Hochschulwelt: Das sogenannte Hochschullehrerprivileg, das Professor*innen erlaubte, ein eigenes Patent auf ihre während der Arbeit entwickelten Ideen anzumelden, wurde abgeschafft. Seitdem sind sie verpflichtet, ihre Ideen bei ihrem Arbeitgeber zu melden. An unserer Hochschule kümmern sich Mitarbeiter wie Patentscout Viktor Anselm oder TAFH-Prokurist Stefan Adam darum, dass Patente, die in den Forschungsarbeiten der FH Münster entstehen, angemeldet und verwertet werden.
Fachmänner für Schutzrechte: Stefan Adam und Viktor Anselm. (Foto: FH Münster/Frederik Tebbe)
„Ich arbeite seit 2004 an der FH Münster und konnte dabei unterstützen, dass wir als eine der ersten Hochschulen in NRW eine Patentstrategie vorstellen konnten. Bislang sind bei uns 360 Erfindungsmeldungen eingegangen“, zieht Adam Bilanz. Gemeinsam mit der Patentverwertungsagentur PROvendis GmbH, an der die FH Münster und weitere Hochschulen in Nordrhein-Westfalen beteiligt sind, entscheidet unsere Hochschule, ob es Sinn macht, bestimmte Erfindungen zu patentieren. Möchten zum Beispiel Firmen dann Gebrauch von einer Erfindung machen, zahlen sie dafür entsprechende Gebühren. Im Laufe der Jahre sind an der FH Münster diverse Patente angemeldet worden, von denen Gesellschaft und Industrie profitieren.
„Wichtig zu erwähnen ist definitiv die Beschichtungstechnologie HardPaint, die zur Erhöhung der Verschleißbeständigkeit von Maschinen und Anlagenbauteilen dient“, sagt der Prokurist. Prof. Dr. Jürgen Peterseims Erfindung wurde 2004 als Patent angemeldet. Seitdem ist die Technologie in Förderprogrammen weiterentwickelt worden. „Inzwischen ist daraus eine kleine Patentfamilie geworden“, erklärt Adam. Darunter versteht man die Weiterentwicklung der Technologie. „Es gab viele weitere nennenswerte Erfindungen, etwa die Standardmaterialien von Prof. Dr. Martin Kreyenschmidt oder die intrinsisch antimikrobiell wirkenden Polymere, die er gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Reinhard Lorenz und weiteren Mitarbeitern entwickelt hat. Letztere bildeten die Basis zur Einwerbung von Drittmitteln in Millionenhöhe.“
Prof. Dr. Jürgen Peterseim entwickelte die HardPaint-Technologie. (Foto: FH Münster)
Erfindungen können auch die Grundlage für Unternehmensgründungen sein. So wurde die vebitosolution GmbH nach der Entwicklung eines Messsystems für Schuh-Innensohlen – Erfinder sind Prof. Dr. Klaus Peikenkamp und Thomas Stief – gegründet. Prof. Dr. Alexander Riedl hat darüber hinaus die 3D-Dichtung erfunden: eine passgenaue und auf Unebenheiten zugeschnittene Dichtung. Mit seinem Konzept hat Riedl im Jahr 2015 beim Hochschulwettbewerb „ZukunftErfindenNRW" in der Kategorie „Fortschritt durch Transfer" gewonnen.
Weitere Erfindungen sind darüber hinaus mit Preisen gewürdigt worden. In Zusammenarbeit mit der Firma EMPAC GmbH aus Emsdetten haben Jürgen Gröninger und Sascha Wagner aus dem Laserzentrum ein neues Verfahren entwickelt, das Verpackungsfolien für Schuttgüter mittels einer Laserbearbeitung ableitfähig macht und so Staubexplosionen vorbeugt. Dies wurde im Jahr 2019 mit dem Innovationspreis Münsterland gewürdigt. Auch der sogenannte Energieklinker, den Prof. Dr. Dietmar Mähner, Jacob Lengers und Carina Brand vom Fachbereich Bauingenieurwesen zusammen mit dem Klinkerwerk Hagemeister aus Nottuln zum Patent angemeldet haben, wurde mit dem Preis ausgezeichnet, so Adam. Beim Energieklinker handelt es sich um ein System, das den Klinker als temporäre Energiequelle zum Betrieb einer Wärmepumpe in den Wintermonaten und zur Warmwassererwärmung in den Sommermonaten nutzen könnte.
Jacob Lengers, Prof. Dr. Dietmar Mähner und Carina Brand (v.l.) haben den Energieklinker erfunden. (Foto: FH Münster/Pressestelle)
Spitzenreiter der Hochschule in Sachen Erfindungsmeldungen ist Prof. Dr. Thomas Jüstel: Insgesamt 172 von den 360 Meldungen hat der Fachmann für anorganische Chemie und angewandte Materialwissenschaft im Laufe der Jahre gemacht – viele davon in Zusammenarbeit mit der Firma Merck, die von 2008 bis 2018 ein Labor auf dem Steinfurter Campus finanziert hatte. Jüstels Erfindungen sind inzwischen Grundlage für das zu gründende Start-up Uniphors, das einige davon in marktfähige Produkte umsetzen will – ein Erfolg für die Gründerhochschule FH Münster. „Als Hochschule für angewandte Wissenschaften in Nordrhein-Westfalen sind wir im Vergleich sehr gut aufgestellt“, sagt Adam über den Erfindergeist an der FH Münster. Insgesamt 53 hochschuleigene Patentanmeldungen sind mittlerweile hervorgegangen. Hinzu kommen etliche weitere Erfindungen, die aufgrund von Kooperationsvereinbarungen mit Unternehmen auf diese übertragen wurden.
Von Frederik Tebbe
Pressemitteilung vom 14. Mai 2008 zum Merck-LabPressemitteilung vom 24. Juni 2016 zum Energieklinker
Pressemitteilung vom 6. März 2013 zum Messsystem für Schuh-Innensohlen
Pressemitteilung vom 9. Dezember 2016 zum Innovationspreis für ableitfähige Multilayerfolien
Pressemitteilung vom 11. Dezember 2009 zu HardPaint
Pressemitteilung vom 25. September 2015 zur 3D-Dichtung