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Mit fünf schon ein Ort des Fortschritts

121 Institutionen und Hochschulen hatten sich um die Auszeichnung „Ort des Fortschritts“ der NRW-Ministerien für Wirtschaft sowie Wissenschaft beworben, 19 wurden ausgewählt. Unter ihnen: unser Institut für Nachhaltige Ernährung (iSuN).


2014 überreichte die damalige NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (vorne links) die Auszeichnung „Ort des Fortschritts“ an das Institut für Nachhaltige Ernährung (iSuN). FH-Vizepräsident für Transfer, Kooperation und Innovation Carsten Schröder (2. von links) sowie die iSuN-Vorstandsmitglieder Prof. Dr. Guido Ritter (links), Prof. Dr. Christof Wetter (2. von rechts), Prof. Dr. Petra Teitscheid und Prof. Dr. Ursel Wahrburg (rechts) nahmen sie entgegen. (Foto: FH Münster/Pressestelle) 

2014 nahmen iSuN-Vorstandsmitglieder die Auszeichnung von der damaligen NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze entgegen. Im iSuN-Vorstand damals wie heute: die Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Dr. Petra Teitscheid sowie der Lebensmittelchemiker und Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Guido Ritter. 

 

Frau Prof. Teitscheid, Herr Prof. Ritter, welche Erinnerungen verbinden Sie mit der Auszeichnung? 

Teitscheid: Zwei Erinnerungen sind bei mir im Kopf geblieben. Wir waren so stolz, immerhin war das iSuN damals ja gerade mal fünf Jahre alt. Und dann diese Auszeichnung. Für uns der Beweis – wir werden wahrgenommen und packen die richtigen Themen an. Die zweite Sache: Außer uns war in Münster nur noch das MEET ausgezeichnet. Dieses große und wichtige Batterieforschungszentrum – und wir. Das war schon etwas Besonderes. Klar, wir hatten uns um die Auszeichnung beworben, aber als es dann auch wirklich geklappt hat, war die Freude groß.

Ritter: Die Anforderungen der Ausschreibung haben voll auf unser Institut gepasst. Dennoch waren wir unsicher, ob es klappen würde. Wir sind von einer starken Konkurrenz um diese begehrte Auszeichnung ausgegangen, was ja dann auch so war. Als wir die Nachricht erhalten haben, konnte ich es erst gar nicht glauben.

 

Zum Ort des Fortschritts wurden Institutionen ernannt, die Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen liefern und dabei ökonomische, ökologische, soziale und andere Aspekte nicht aus den Augen verlieren. Welche Herausforderungen waren das damals?

Ritter: In vielen Bereichen der Ernährungsbranche war die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien gerade erst gestartet. Diese wissenschaftlich mit konkreten Projekten zu begleiten, war eine Herausforderung, wo oft noch Grundlagendaten und Best-Practice-Beispiele fehlten.

Teitscheid: Im iSuN setzen wir uns damit auseinander, wie sich das Ernährungssystem umweltverträglicher, gesünder und sozial gerechter organisieren lässt. Damals wie heute war und ist klar, dass das Ernährungssystem eine große Rolle für eine nachhaltige Transformation hat. Die Herausforderungen sind zum Beispiel Ressourcenverbrauch und negative Auswirkungen auf das Klima durch den weltweit steigenden Fleischkonsum, Verlust an Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit durch industrielle landwirtschaftliche Praktiken und eine unglaubliche Verschwendung wertvoller Ressourcen, weil die Hälfte aller erzeugten Lebensmittel nicht gegessen, sondern weggeworfen wird. 

 

Sie schauen dabei vor allem auf die Lebensmittelwirtschaft und den Außer-Haus-Markt.

Teitscheid: Ja, genau. So haben wir zum Beispiel in verschiedenen Projekten gemeinsam mit Bäckereien und mit Einrichtungen der Gemeinschaftsgastronomie differenziert erhoben, an welchen Stellen warum Lebensmittelabfall in welcher Menge entsteht, und nach Konzepten gesucht, wie sich die Mengen verringern lassen. Es ist klar geworden, dass es nicht die eine Ursache gibt, sondern eine Mischung aus organisatorischen Gründen, Marktgegebenheiten, fehlender Sensibilität für das Thema, fehlenden Kompetenzen und Kundenerwartungen am Ende zu übermäßig viel Abfall führt. 

Zusammen mit einer kleinen Forschungscommunity haben wir wichtige Grundlagen dafür gelegt, dieses Phänomen Lebensmittelabfall überhaupt zu verstehen. Unsere Arbeiten fließen heute in Dialogprozesse zwischen Politik und Lebensmittelwirtschaft ein, wir tauschen uns in europäischen Forschungsprojekten aus und setzen uns darüber hinaus im Projekt Lowinfood im europäischen Kontext auch mit technischen und sozialen Innovationen zur Vermeidung von Lebensmittelabfall auseinander. 

 

Ein anderes wichtiges Thema ist die Gestaltung nachhaltiger Speisenangebote. 

Teitscheid: Wir sind davon überzeugt, dass es absolut sinnvoll ist, den Menschen von vornherein gesunde, ökologisch akzeptable und für Mensch und Tier gerechte Speisen anzubieten. Aber wie soll eine Großküche so etwas umsetzen? Wir haben deshalb gemeinsam mit Forschungspartnern und Praxispartnern überlegt, ob und wie sich wissenschaftliche Methoden zur ökologischen, sozialen und gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln zum Beispiel für die Gestaltung des Speisenangebots in einer Mensa nutzen lassen. Herausgekommen ist der NAHGAST-Rechner, der mit großem Interesse von der Branche angenommen wird. 

 

Die Auszeichnung war sicherlich einer der Höhepunkte. An welche anderen denken Sie gerne zurück?

Ritter: Ganz klar, die Eröffnung des food lab muenster im Jahr 2017 als innovativer Baustein des Instituts – ein weiterer Meilenstein in der Umsetzung von Wissenschaft in die Praxis.


Wie entwickelt sich der Ort des Fortschritts? 2016 besuchte Svenja Schulze (2. von rechts), damals in ihrer Rolle als SPD-Landtagsabgeordnete, das iSuN noch einmal, um sich über aktuelle Projekte zu informieren. Begleitet wurde sie dabei von Robert von Olberg (2. von links). (Foto: FH Münster/OEF) 

Die FH feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum, das iSuN, noch kein Teenager, begeht seinen zwölften Geburtstag. Wenn Sie sich die Entwicklung des Instituts von den Anfängen im Jahr 2009 bis heute anschauen, wie würden Sie sie skizzieren?

Ritter: Die Entwicklung war rasant, da Nachhaltigkeit in der Ernährungsbranche ein so dringliches Thema ist. Hersteller und Verbraucher wollen wissen, wie sie nachhaltiger handeln können. Dafür gibt es oft keine schnellen Antworten in einer Überflussgesellschaft. Das Institut ist mit der Entwicklung der Gesellschaft auch „erwachsener“ geworden, da wir nun auch mehr in der Rolle der Beratung gefragt werden.

Teitscheid: Die grundlegenden Herausforderungen sind geblieben. Aber unsere Forschungsthemen haben sich schon weiterentwickelt. Ging es am Anfang eher darum, Zusammenhänge und Strukturen zu verstehen, stehen jetzt Transfer und Politikberatung im Vordergrund. Ein Beispiel: Im Bereich Lebensmittelabfall sind wir auf Bundes- und Länderebene in verschiedene Dialogprozesse eingebunden. Im Bereich Außer-Haus-Gastronomie sind wir aktuell im Projekt GeNAH unterwegs, wo es um den Transfer der Themen über größere Trägerstrukturen geht. In einem anderen Projekt arbeiten wir an Kriterien, nach denen man ein nachhaltiges Speisenangebot mit einem Label auszeichnen kann. 

 

Was war eigentlich der Anlass damals, ein eigenes Institut zu gründen? 

Teitscheid: Ich beschäftige mich zeit meines Berufslebens mit der nachhaltigen Transformation von Unternehmen. Was liegt näher, als dies an einem Fachbereich Oecotrophologie mit Blick auf die Ernährungswirtschaft fortzuführen? Wir hatten diese Themen aber auch schon vor Gründung des iSuN in einer fachbereichsübergreifenden Forschungsgruppe diskutiert. Als dann die Chance bestand, das in ein Institut zu überführen, haben wir uns beworben und offensichtlich überzeugen können. 

Über die Institute fördert unsere Hochschule die Forschung finanziell und strukturell.  Das ist absolut sinnvoll und notwendig. Forschungsfähigkeit entsteht ja nicht von selbst. Am Anfang braucht es viel Zeit und Energie, dies zu entwickeln. Über die finanzielle Förderung, aber genauso über das Back-up in der Verwaltung und der Transferagentur konnten wir diesen Weg bis heute erfolgreich gehen. 

 

Blicken wir in die Zukunft. Was werden gesellschaftliche Herausforderungen auf dem Gebiet der nachhaltigen Ernährung in den nächsten Jahren sein?

Ritter: Eine ganzheitliche Ernährungswende vom Acker über die Produktion bis zum Teller hinzubekommen. Die Zeichen stehen gut. Nicht nur die Sorge um die eigene Gesundheit steht im Vordergrund, sondern auch die Verantwortung für die Gesundheit unseres Planeten spielt eine wachsende Rolle in den Entscheidungen im Ernährungssystem. Denn alles hängt zusammen. Und die Belohnung wird mehr Lebensqualität sein. 

Teitscheid: Dem habe ich nichts hinzuzufügen. 

Interview von Dzemila Muratovic

 

Ernährungsinstitut der FH Münster erhält Auszeichnung (2014)
Wie entwickelt sich der Ort des Fortschritts? (2016)
Forschungsprojekte des Instituts für Nachhaltige Ernährung (iSuN)
Prof. Dr. Petra Teitscheid
Prof. Dr. Guido Ritter


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