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Unsere Hochschule hinter Gittern

Prof. Norbert Nowotsch studierte 1971 am Fachbereich Design „Bildhauerei, Umweltgestaltung und audiovisuelle Medien“ und kennt unsere Hochschule somit seit ihrer Geburtsstunde. Er war mit dabei, als Studierende und Lehrende „hinter Gitter“ gebracht wurden.


Bei der Protestaktion von 1971 haben Studierende das Gebäude am Sentmaringer Weg eingezäunt. (Foto: Norbert Nowotsch)

Allerdings hieß der Fachbereich Design, die Münster School of Design (MSD), damals noch Werkkunstschule Münster. Ihr Sitz war noch nicht wie heute auf dem Leonardo-Campus, sondern am Sentmaringer Weg 71. „Erstaunlich war, dass viele Studierende aus Norwegen kamen. Das waren bestimmt 20 von insgesamt 250. Ein Gestaltungsstudium konnte man nämlich nur in Oslo und Bergen absolvieren, und die Schulen dort waren total überlaufen. Durch die Städtepartnerschaft Münsters mit Kristiansand kamen dann viele norwegische Studierende zu uns. Unterstützt wurde das zusätzlich von dem damaligen Rektor, Fritz Reese, der gute Kontakte nach Norwegen hatte“, erinnert sich Nowotsch.


Ziel der Aktion: Ein Zeichen setzen für künstlerische Aktionen mit Fokus auf politische und gesellschaftliche Fragestellungen. (Foto: Norbert Nowotsch)

„Was ich nie vergessen werde, ist eine Protestaktion von 1971. Da haben einige Studierende nachts das komplette Gebäude eingezäunt. Nachdem Lehrende und Kommiliton*innen morgens auf das Gelände gekommen waren, wurden sogar die Eingangstore mit Vorhängeschlössern versperrt. Die Studierenden wollten zeigen, dass sich die Schule thematisch nicht nur isoliert um ‚selbstbezogene‘ Kunst, sondern mehr um gesellschaftliche und politische Belange ihrer Arbeit kümmern sollte.“ Flugblätter wurden erstellt, Diskussionen geführt, und es wurde gezeigt, wie Kunst als Form des Protests funktionieren und auch mit zu positiven Veränderungen der Gesellschaft beitragen kann.


Um über das Projekt aufzuklären wurden extra Flugblätter erstellt und verteilt. (Foto: Norbert Nowotsch)

Und die Ghetto-Situation blieb nicht folgenlos. Studierende stellten gesellschaftlich relevante Projekte auf die Beine, zum Beispiel zu Kindergärten und Schulen. Einige mündeten in große Ausstellungen: 1972 zum Beispiel „Verkehrskultur" von Klaus Honnef im Landesmuseum und das Projekt “Abformungen", für das die Gruppe 1973 den Förderpreis des Westfälischen Kunstvereins erhielt.

Neben dem betreuenden Designprofessor, Jörg Heydemann, war auch Professor Johannes Elbers vom Fachbereich Elektrotechnik und Informatik technisch unterstützend tätig. Er baute ein Steuergerät, mit dem mehrere Diaprojektoren jeweils individuell und simultan zueinander inszeniert werden konnten. Prof. Michael Stadler, Wahrnehmungspsychologe an der WWU Münster und Lehrbeauftragter am Fachbereich Design, war ebenfalls mit im interdisziplinären Boot. Er begleitete die Ausstellung und führte mit seinen Psychologiestudierenden Befragungen und Untersuchungen zum Besucherverhalten durch.


Abgeriegelt: Weder Studierende noch Professoren wurden auf das Gelände gelassen. (Foto: Norbert Nowotsch)

Nowotsch kennt die Hochschule aber nicht nur aus studentischer Sicht, sondern auch als Lehrender. Nach verschiedenen Lehrtätigkeiten in Münster und Osnabrück sowie der Gründung von zwei Medienproduktionsfirmen gab der Experte für Mediengestaltung ab 1987 bis 2014 fast 30 Jahre lang sein Wissen als Professor für Design in Mediengestaltung, Bewegtbild, interaktiven Systemen und Medientheorie im Lehr- und Forschungsbetrieb unserer Hochschule weiter.


Die Künstlergruppe um das Projekt "Abformungen", 1973. (Foto: Norbert Nowotsch)

Auch in seinem jetzigen Ruhestand steht der kreative Kopf nicht still. So entwickelt Nowotsch seit 2008 die stetig wechselnde Bespielung der Medienfassade der PSD-Bank am Stadthafen und weitere stadtrelevante Projekte. So war er federführend beteiligt an den Dauerausstellungen und der Entwicklung einer App mit multilinearer Themenführung für den Geschichtsort Villa ten Hompel. Die Bürgerhalle und den Friedenssaal im historischen Rathaus nahm sich der Medienwissenschaftler ebenfalls vor und schuf mit Partnern interaktive Präsentationen und eine Augmented Reality-App zum Westfälischen Frieden und seiner gesamteuropäischen Bedeutung.


Die Urkunde vom Westfälischen Kunstverein, 1973. (Foto: Norbert Nowotsch)

Aus der Geschichte der FH Münster ist Nowotsch nicht wegzudenken. Denn er baute fachbereichsübergreifend die inhaltlichen und technischen Plattformen für medienbasierte Lehrangebote an der Hochschule auf – wichtige Meilensteine damals und heute für die innovative Lehre an unserer Hochschule.

 

Von Rena Ronge

Experte für Mediengestaltung geht in den Ruhestand
MSD – Münster School of Design
App „Münster. Westfälischer Frieden“


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