Verhütungsmethode für den Mann im ansprechenden Design
Produktvision „Cocooner“ als beste Bachelorarbeit des Semesters ausgezeichnet
Die Bachelorarbeit von Absolventin Kim Bujak – die Produktvision „Cocooner“ – hat der der Beirat des Fachbereichs Design der FH Münster zur besten des Semesters gekürt. (Foto: FH Münster/Michelle Liedtke)
Im 3D-Druck entstand „Cocooner“ – ein im Produktdesign verbesserter Prototyp einer Verhütungsmethode für den Mann. (Rendering: Kim Bujak)
Ihre Produktvision „Cocooner“ präsentierte Kim Bujak bei der Abschlussausstellung „Parcours“ in der Münster School of Design (MSD) der FH Münster – vor ihr auf dem Tisch der ursprüngliche Prototyp, in der Hand das neue Produktdesign. (Foto: FH Münster/Leonie Probost)
Münster (4. September 2023). Verhütungsmethoden gibt es vornehmlich für die Frau – teils verbunden mit einer Liste an möglichen Nebenwirkungen und dem nötigen Vertrauen auf Seiten des Mannes. Mit einer Produktneuheit, die mittels moderater Wärmebehandlung Spermien für etwa vier Wochen zeugungsunfähig macht, möchte das Medizintechnik-Start-up Ronikja den Verhütungsmarkt revolutionieren. Damit das Gerät für die Zielgruppe ansprechend wirkt und so die für die klinischen Studien notwendigen Sponsoren gefunden werden können, hat FH-Absolventin Kim Bujak den Prototyp im Rahmen ihrer Bachelorarbeit an der Münster School of Design (MSD), dem Fachbereich Design der FH Münster, in Kooperation mit den Entwicklern neugestaltet. Ihre Produktvision „Cocooner“ wurde als beste Bachelorarbeit des Semesters ausgezeichnet.
„Verhütung ist häufig Sache der Frau, verbunden mit Nebenwirkungen oder kleineren operativen Eingriffen. Zudem hat der Mann bei Methoden wie beispielsweise der Pille selbst keine Kontrolle über die Verhütung, er muss sich auf die Frau verlassen und kann selbst keine Verantwortung übernehmen“, erklärt Bujak. Das Start-up, mit dem die FH-Alumna kooperiert, arbeite in technischer Hinsicht bereits seit längerer Zeit an der Wärmebehandlungsmethode. Der Knackpunkt: „Der Prototyp sah sehr technisch und kühl aus – und man hat sich die Anwendung beim Anblick des Geräts schmerzhaft vorgestellt. Das wollte ich ändern und den Prototyp sowohl in der Optik als auch in der Ergonomie angenehmer und komfortabler gestalten“, sagt die Produktdesignerin.
Als erstes startete Bujak mit einer Funktionsanalyse. Welche Produktbauteile dürfen verändert werden? Wie viel Platz benötigen die Komponenten? Zunächst sollte sich das Produkt an Urolog*innen richten. „Im Prozess habe ich – auf Grundlage meiner Recherche – den privaten Nutzer als Zielgruppe festgelegt, also Männer, die das Gerät zu Hause selbst anwenden. Somit standen die Nutzerakzeptanz und eine angenehme Anwendbarkeit bei der gesamten Entwicklung im Fokus.“ Dafür führte Bujak viele Gespräche mit den Entwicklern, mit Kommilitonen und anderen Männern zu deren Erwartungen an die Anmutung und Handhabung.
Auf dieser Grundlage designte Bujak „Cocooner“ – gefertigt im 3D-Druck aus zwei Materialien: einem etwas weicheren für den Überzug der herausnehmbaren Inlets in zwei verschiedenen Größen und einem stabileren für das Gehäuse. „Verhütung ist ein sensibles Thema. Daher ist es wichtig, dass auch die Optik des Produkts technische Verlässlichkeit und eine angenehme Handhabung sowie Anwendung vermittelt. Es ist eine Innovation – also sollte es auch so aussehen.“ Auch das Wording spiele eine große Rolle. Der Name „Cocooner“ leitet sich vom englischen Wort „to cocoon“ – auf Deutsch „schützen“ – ab.
Bujaks Produktdesign wurde als beste Bachelorarbeit des Semesters an der MSD ausgezeichnet. „Der Beirat der MSD, der den ‚Cocooner‘ als beste Abschlussarbeit gekürt hatte, war zum einen sicherlich von der Herausforderung beeindruckt, mit einem Start-up eine neuartige Verhütungsmethode in ein physisches Artefakt zu übersetzen. Zum anderen war er von der konsequenten Entwicklungsarbeit und dem sehr hochwertigen Gestaltungsniveau der Abschlussarbeit überzeugt“, erklärt Prof. Steffen Schulz, der Bujaks Arbeit betreut hat. „Kim Bujak nimmt insofern eine Schlüsselfunktion im Prozess des Start-ups ein, da das Unternehmen Ronikja nun mit Hilfe eines konkreten Design-Prototyps potentielle Unterstützer und Investoren ansprechen kann“, so Schulz weiter.
Und so funktioniert „Cocooner“: Der Nutzer platziert das Gerät in seiner Leiste. Mithilfe einer Feder lässt es sich aufklappen und umschließt den Hoden. Auf jeder Seite wird es für fünf Minuten angelegt und über eine kleine Steuereinheit mit Display bedient. Die Elektroden erwärmen den Nebenhoden auf 40,2 Grad Celsius, wodurch die Spermien für rund vier Wochen bewegungs- und somit zeugungsunfähig bleiben. „Die Wärmeentwicklung entsteht dabei nur im Gewebe des Nebenhodens, nicht direkt auf der Haut“, erklärt Bujak. „Die Männer können ‚Cocooner‘ entspannt im Sitzen anwenden.“ Insgesamt, mit einer Aufwärm- und Lauf- und Abkühlzeit, dauert der Vorgang 30 Minuten.
Die Benutzerfreundlichkeit von „Cocooner“ ließ Bujak bereits von einem Bekannten testen – mit positiven Rückmeldungen. Für die Verhütungsmethode stehen nun die technischen und klinischen Studien bevor, für die das Start-up Investoren sucht. Vorgestellt hat Bujak die Produktvision bereits bei der Ausstellung der Abschlussarbeiten der Designabsolvent*innen – „Parcours“. „‚Cocooner‘ kam bei den Besucherinnen und Besuchern gut an. Viele Männer waren interessiert und haben mir rückgemeldet, dass sie das Produkt nutzen würden, wenn es in der Wirkweise bestätigt auf den Markt kommt“, erzählt Bujak. „Es waren sogar zwei Urologen am Ausstellungsstand, die extra zur Parcours kamen, um sich ‚Cocooner‘ anzusehen. Beide sagten mir, dass sie die zugehörige Technologie für geeignet halten.“ Mit Design etwas Sinnvolles bewirken, Ideengeber*innen, Problemlöser*innen und Start-ups im Rahmen des Produktdesigns zusammenbringen – das ist es, was Bujak besonders gefällt. „Und natürlich würde es mich sehr freuen, wenn ‚Cocooner‘ in einiger Zeit auf dem Markt erhältlich wäre“, so die Designabsolventin.