Überwachungsprofil einer HCDC-Fermentation zur Produktion der Raf-Bindungsdomäne RBD: Temperatur (dunkelrot), Rührerdrehzahl (gelb-grün), Sauerstoffsättigung (hell-blau), pH-Wert (pink), Lauge (grün)- und Säure (rot)-Verbrauch und Luftzufuhr (dunkelblau).

Dass Diabetiker täglich Insulin benötigen, ein Hormon welches der eigene Körper bei Diabetes Typ I nicht mehr produzieren kann, ist allgemein bekannt. Weniger publik ist es, dass jenes zur Therapie verwendete Insulin gentechnisch als sogenanntes rekombinantes Protein in einem Bakterium hergestellt wird. Es ist neben Faktor VIII, dem Blutgerinnungsfaktor für Hämophiliepatienten (sogennante Bluter), das bekannteste gentechnisch hergestellte Protein in der modernen medizinischen Therapeutik.
Diese und viele andere rekombinante Proteine werden in Biofermentern in der gewünschten Menge hergestellt. Es können somit Proteine menschlicher Natur einfach im Labor produziert werden, die neben dem beschriebenen Einsatz in der Therapie auch für diagnostische Zwecke zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die auf diese Weise erzeugten menschlichen Proteine verzeichnen aktuell ein Marktwachstum von 5 bis 15 Prozent pro Jahr.

Kleines Volumen, Hohe Ausbeute

Im internationalen EUREGIO Biotech-Center an der FH Münster stehen zwei moderne Fermenter zur Proteinproduktion zur Verfügung. So zählen ein in situ sterilisierbarer Biostat C Laborfermenter (10l Arbeitsvolumen) und ein Laborpilot-Fermenter Typ LP 351 (30l) zum modernsten Equipment des S1-Gentechnik-Labors. In der Proteinproduktions-Einheit sind nun neben Standardkultivierungen von Mikroorganismen auch Hochzelldichtefermentationen (HCDC) etabliert worden. Ziel der HCDC-Technik ist es, in einem kleinen Volumen ein Höchstmaß an Mikroorganismen zu erzeugen, um letztendlich die Ausbeute an Protein zu erhöhen. Mittels gentechnischer Verfahren wird dem Mikroorganismus das Gen für das gewünschte Protein eingebaut, so dass er das humane Protein bilden kann.
Die Ausbeute an Zellen, die man am Ende der Kultivierung erhält, wird anhand der optischen Dichte (OD) des Kulturmediums bestimmt. So wird unter Standardbedingungen bei 595 nm eine OD von 4 bis maximal 6 erreicht. Durch spezifische Auswahl und Variation von Nährstoffen im Kulturmedium kann die Zellausbeute pro Volumeneinheit drastisch erhöht werden. Dies wird bei der HCDC-Technologie optimiert, so dass die Produktionskosten minimiert werden können.

Fermentation von RBD

Ein aktuelles Beispiel einer HCDC aus dem EUREGIO Biotech-Center ist die Produktion der Raf-Bindungsdomäne RBD, eines humanen Proteins. Dieses Protein aus der zellulären Signalvermittlung wird zur Entwicklung eines Tests benötigt, der sehr frühzeitig onkologische Erkrankungen diagnostizieren soll.
Zunächst wird das Kulturmedium in situ, d.h. im Fermenter, sterilisiert, bevor es mit einer 600 ml Vorkultur (OD 2) des Mikroorganismus E. coli angeimpft wird. Durch die Regulierung des pH-Wertes des Mediums, der Sauerstoffzufuhr sowie der Temperatur werden für den Mikroorganismus optimale Wachstumsbedingungen geschaffen. Diese Parameter werden mit Hilfe des Überwachungssoftware MFCSwin der Firma B. Braun dokumentiert. Sie ist die weltweit am häufigsten benutzte Bioprozess-Steuer-Software, die simultan bis zu 16 Fermenter überwachen kann. Das Überwachungsprofil einer HCDC-Fermentation zur Produktion eines Maltosebindungsproteins wird gezeigt (Bild 1).
Nachdem die Kultur 16 Stunden bei 25°C herangezogen ist, wird die Kulturtemperatur auf die optimale Temperatur von 37°C heraufgesetzt und der Sauerstoffpartialdruck (pO2) auf 60 Prozent reguliert. Wird dieser Wert unterschritten, so wird die Rührergeschwindigkeit automatisch erhöht, um ausreichend Sauerstoff in die Kultur einzutragen (in Bild 1 nach 16 Stunden erkennbar). Erreicht die Kultur eine optische Dichte von 16 werden die Mikroorganismen durch Zugabe eines Induktors, hier E. coli, zur Proteinproduktion angeregt. Nach 4 Stunden ist die maximale Menge an Protein produziert, die Nährstoffe verbraucht und die Fermentation wird beendet. Auf diese Weise wurde bereits eine OD von 31 erreicht, was einer Zellkonzentration von 50g Biofeuchtmasse pro Liter Medium entspricht. Dies bedeutet eine Verbesserung um den Faktor 6 gegenüber der Standardkultivierung bei vergleichbaren Kosten für die HCDC-Fermentation. Im Rahmen des Projekts bietet das EUREGIO Biotech-Center für Life Science Unternehmen Proteinproduktionen an - eine interessante Option für die Herstellung von diagnostischen Proteinen im Milligrammbereich.
Dieses Projekt wird finanziell unterstützt durch die Europäische Union im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative INTERREG IIIA aus Mitteln des Europäischen Strukturfonds für regionale Entwicklung sowie durch die Wirtschaftsministerien der Niederlande und des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen.


VDI Ingenieur Forum 1/2004, Autoren: Dipl.-Ing. Ute Lefering, Prof. Dr. Karin Mittmann

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