Herausragende Masterarbeit von Airin Franke

Krankheitserreger und Gefahrenstoffe haben bei der Herstellung von medizinischen Produkten wie Impfstoffen nichts zu suchen. Gearbeitet wird deshalb in Reinräumen, sogenannten Isolatoren, die regelmäßig dekontaminiert werden – bisher wird das mit biologischen Indikatoren eingestellt und überprüft. Physikingenieurin Airin Franke hat untersucht und nachgewiesen, dass enzymatische Indikatoren in Ergänzung Vorteile bieten.

Werden medizinische Produkte wie etwa Impfstoffe hergestellt, muss die Produktionsumgebung frei von Krankheitserregern und Gefahrenstoffen sein. Die genutzten Reinräume, sogenannte Isolatoren, müssen dafür vor jeder Produktionscharge dekontaminiert werden. Bisher werden biologische Indikatoren verwendet, um die Dekontaminationszyklen einzurichten und die Reinheit der Isolatoren zu überprüfen. Airin Franke, Masterabsolventin unserer Hochschule, hat untersucht, inwiefern dafür enzymatische Indikatoren geeignet sind. Ihre Analysen haben gezeigt, dass eine kombinierte Anwendung Vorteile bietet, wie etwa schnellere Resultate. Die Ergebnisse ihrer Studie wurden Open Access in einem Peer Review Artikel im European Journal of Parenteral and Pharmaceutical Sciences (EJPPS) veröffentlicht.

Untersucht hat Franke das in ihrer Masterarbeit im Studiengang Biomedizinische Technik am Fachbereich Physikingenieurwesen in Kooperation mit der Franz Ziel GmbH in Billerbeck, einem Hersteller für Isolatoren. Dabei wurde sie von Prof. Dr. Karin Mittmann vom EUREGIO BioMedtech Center der FH Münster betreut. Mittmann, Frankes Zweitbetreuerin Marina Gole sowie Birte Scharf, beide von der Franz Ziel GmbH, sind Co-Autorinnen des Peer Review Artikels. Dieser ist unter fh.ms/EI-BI-EJPPS abrufbar.

Die Isolatoren, mit denen Franke gearbeitet hat, werden in sogenannten Dekontaminationszyklen mit Wasserstoffperoxid bedampft. Jeder Isolator und so auch jeder Dekontaminationszyklus muss individuell für jede Kundin und jeden Kunden angepasst werden. „Im Inneren des Isolators wird so ein aseptischer Zustand hergestellt“, erklärt Franke. „Der Goldstandard bei der Validierung sind bisher biologische Indikatoren, die BI.“ Das sind Sporen, die an verschiedene Stellen in den Isolator geklebt und durch die Dekontaminationszyklen abgetötet werden. Die Proben werden dem Isolator entnommen und günstigen Keimbedingungen ausgesetzt. „Nach sieben Tagen werden die Ergebnisse kontrolliert, um zu schauen, ob die Dekontaminationszyklen erfolgreich waren. Das Verfahren mit den BI dauert also relativ lange“, sagt Franke.

Daher hat die Physikingenieurin in ihrer Arbeit die BI mit enzymatischen Indikatoren, den EI, in Versuchsreihen verglichen. „Vorstudien haben eine Korrelation gezeigt: Wenn BI abgetötet waren, so waren auch die EI deaktiviert. Darauf habe ich aufgebaut.“ Als EI hat die FH-Alumna thermostabile Adenylatkinase (tAK) verwendet. Das Enzym setzt die Luciferin-Luciferase-Reaktion in Gang, die auch bei Glühwürmchen zu beobachten ist. Im Luminometer ausgemessen, zeigt sich, wie viel Licht bei der Reaktion entsteht. Werden die Enzyme durch das Wasserstoffperoxid deaktiviert, wird weniger Licht gemessen. In einer sogenannten Fractional-Kill-Time-Studie (FKT) sowie einer reverse Fractional-Kill-Time-Studie (rFKT) hat Franke die BI mit den EI verglichen. Mit diesen Methoden lässt sich nachweisen, nach welcher Behandlungszeit die Sporen abgetötet beziehungsweise die Enzyme deaktiviert sind. Bei der FKT hat Franke die EI in regelmäßigen Zeitabständen in destilliertes Wasser überführt, um die Deaktivierung zu stoppen. Bei der rFKT hat die Ingenieurin die Abdeckungen der EI nach und nach in regelmäßigen Zeitabständen entfernt, um jeweils Zeitreihen abzubilden.

Das Fazit der Physikingenieurin: „Die Entwicklung eines Dekontaminationszyklus ist in Kombination der EI mit BI möglich“, so die Masterabsolventin. Die EI seien eine hilfreiche Ergänzung und bieten Vorteile in bestimmten Bereichen. „Isolatoren müssen in bestimmten Abständen requalifiziert werden. Dafür kommen bisher BI zum Einsatz – also Mikroorganismen, die Gefahrstoffe darstellen. Diese bringt man beim Requalifizierungsprozess ins System ein. Die EI könnte man dagegen ohne dieses Risiko gut für die Überprüfung nutzen.“ Dafür sei ein Merkmal der Indikatoren interessant: Die BI erbringen nur einen qualitativen Nachweis – sie sind lebendig oder abgetötet. Die EI hingegen liefern einen quantitativen Nachweis – mehr oder weniger Lichtemission. „So lassen sich kritische Positionen im Isolator ausmachen, beispielsweise hinter Abdeckungen“, sagt Franke. In Zukunft könne man sich bei der Einstellung der Dekontaminationszyklen auf diese kritischen Stellen fokussieren, denn alle weiteren seien ohnehin dekontaminiert, so Frankes Anregung für weitere Forschungsarbeit. Zudem liefern die EI wesentlich schnellere Ergebnisse, da sie direkt ausgemessen werden können – denn die Keimzeit wie bei den BI entfällt.

Erstprüferin Mittmann lobt die Arbeit und die Ergebnisse: „Airin Franke hat erfolgreich zeigen können, dass neue enzymatische Indikatoren den klassischen biologischen Indikatoren ebenbürtig sind und dabei ein wesentlich schnelleres Ergebnis zum Dekontaminationszyklusprozess liefern können“, sagt Mittmann. „Diese Ergebnisse eröffnen für die Entwicklung von Dekontaminationszyklen neue Perspektiven und zeigen ein erhebliches Potenzial für den praktischen Einsatz bei der Entwicklung und Validierung von Dekontaminationsprozessen.“

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