Münster, 10.11.2017. Siebdruck: Ein Druckverfahren, bei dem die Farbe mit einer Gummirakel durch ein feinmaschiges Gewebe hindurch auf Papier gebracht wird. Die Farbschicht liegt spürbar auf dem Papier und hält auch mal Überraschungen bereit. Ich habe die Siebdruckninjas Paul Eslage, Tobias Kaiser, Nicholas Plunkett, Konstantin Schulze, Adrian Szymanski und Lukas Walbaum getroffen, um mit Ihnen über ihre Leidenschaft für die analoge Technik zu sprechen. - von Leonie Ellermann
Was genau sind Siebdruckninjas?
Tobias Wir sind sechs Designstudenten vom Leonardo-Campus und haben alle gemeinsam angefangen zu studieren. Wir haben uns dann zusammengeschlossen, um neben der FH noch kreative Dinge zu machen und uns dann die Siebdruckninjas genannt.
Wie kam der Name zustande?
Tobias Wir haben vorhin schon ein bisschen geschmunzelt, weil wir wussten, dass die Frage kommen würde. Ursprung der ganzen Sache war eben der Spaß, der im Vordergrund stand. Wir wollten zusammen Siebdruck machen. Eines Abends haben wir gemeinsam angefangen und dann die ganze Nacht gedruckt. Durch Wortspielereien sind wir dann auf "Siebdruckninjas" gekommen.
Auf dieser Nacht basiert dann also eure Gründung?
Paul Wir haben uns einfach getroffen, um zu drucken. Jeder hat ein Motiv mitgebracht, jeder hat Papier mitgebracht. Wir haben querbeet alles durcheinander und übereinander gedruckt und arrangiert. Danach haben wir überlegt, mit ein bisschen mehr Konzept an die Sache ranzugehen, die Gründung war so aber nicht geplant.
Ihr habt quasi das, was Ihr sowieso schon aus Interesse gemacht habt, weiter in ein Konzept gebracht?
Adrian Nicht unbedingt. Ich glaube nicht, dass wir vorher schon alle aktiv am siebdrucken waren, oder? Also ich habe vorher noch gar nicht gesiebdruckt. Das war das erste Mal in dieser besagten Siebdrucknacht.
Tobias Es hat quasi damit begonnen, dass wir die Werkstatt zur Verfügung gestellt bekommen haben, weil ich hier angefangen habe zu arbeiten. Dann haben wir angefangen uns zu treffen und aus der Leidenschaft heraus das Ding aufzuziehen.
Wieviel Zeit investiert ihr so pro Woche?
Lukas Das kann man pro Woche schwer sagen, weil es immer Hochphasen gibt, in denen ein neues Magazin ansteht. Dann arbeiten wir mehrere Tage am Stück daran. Und dann gibt es Phasen, in denen im Studium viel ansteht. Wir versuchen es uns als Hobby zu wahren, sodass wir auch immer Spaß dabei haben. Es gibt Phasen, in denen wir viel daran arbeiten und Phasen, in denen wir eher in die FH gehen. lacht
Nick Apropos Magazin: Es war gar nicht unsere Intention, das zu verkaufen. Wir wollten einfach in unserer Runde ein kleines Konzept aufbauen. Dass das jetzt so gekommen ist, war eigentlich eher Zufall. Weil es so gut angekommen ist, haben wir einfach weitergemacht. Wir hatten Mitte dieses Jahres schon eine Ausstellung im FF Central und planen dort für Ende diesen Monats eine weitere.
Zu eurem Magazin, wo bekommt man das?
Lukas Das machen wir hauptsächlich über Instagram. Wir haben die erste Ausgabe dort gepostet und die Leute wussten zuerst gar nicht, was das eigentlich war. lacht Nach und nach gab es mehrere Anfragen und seitdem sind wir noch ein bisschen mehr dahinter.
Durch die Nachfrage seid ihr dann immer mehr dran geblieben sozusagen?
Lukas Genau.
Tobias Wir bekommen ziemlich viel Feedback momentan, dadurch steckt man noch mehr Initiative in die Sache.
Arbeitet ihr eher gemeinsam oder ist es mehr so, dass jeder für sich arbeitet und ihr dann die Ergebnisse zusammentragt?
Nick Jeder hat wirklich seine eigene Art der Herangehensweise, aber die Art wie es am Ende aussieht, das entscheiden wir immer alle zusammen. Das Thema, Format, Farben und Papier wie auch alle größeren Entscheidungen. Es ist schon spannend, dass jeder frei gestalten kann und so ganz unterschiedliche Motive entstehen. Deswegen sprechen wir uns oft auch gar nicht ab. Eigentlich sehe ich die Motive erst beim Drucken und das finde ich total spannend.
Ihr sprecht euch nicht ab, damit ihr dann sozusagen die Gedanken frei habt und euch nicht zu sehr gegenseitig beeinflusst?
Paul Wir setzen schon das Thema fest und sprechen vorher darüber, was ungefähr visuell ausgedrückt werden soll. Aber dann geht erstmal jeder in sich und arbeitet alleine daran.
Adrian Es ist auch für Außenstehende vielleicht wichtig zu wissen, dass wir uns auf Sachen wie Papier und Farben einigen. Das gehört zum Konzept. Für uns ist das selbstverständlich, aber andere wissen das eventuell nicht.
Was macht eure Arbeit denn so einzigartig?
Konstantin Dass wir das Analoge abfeiern! Dass wir nicht nur im Digitalen arbeiten wie es zur Zeit Trend ist, sondern auch handwerklich arbeiten.
Macht das so ein bisschen den Reiz aus, das Analoge?
Kontantin Ja, auf jeden Fall, da man ein bisschen mehr Nachhaltigkeit bekommt. Das Analoge bleibt länger bestehen. Man kann es sich in den Schrank stellen oder aufhängen. Man hat wirklich etwas in der Hand, während im Digitalen vieles quasi in der Masse verschwindet.
Tobias Der Siebdruck hat natürlich auch Charakter in dieser Hinsicht. Dadurch, dass Sachen schief gehen können, mal etwas suppt, Farbe ausläuft oder eben nicht alles perfekt ist. Das ist eigentlich das, was wir alle daran schön finden. Das ist ein guter Kontrast zu diesem stringenten Studienalltag, wo wir immer vor dem Computer sitzen und layouten. Das ist eigentlich eine schöne Flucht, um auch mal den Kopf freizubekommen, dieser analoge Weg. Wir können hier freier arbeiten.
Nick Wir wissen auch nicht immer, wie die Farben oder Strukturen auf dem Papier aussehen. Wenn wir drucken, entsteht auch mal etwas völlig Unerwartetes und das macht es total spannend. Man kann auch mit der Hand über das Blatt gehen und spürt, wie erhaben die Farbe darauf ist. Das ist eine ganz eigene Optik und Haptik.
Adrian Dass wir so viel ausprobieren, hat vielleicht damit zu tun, dass wir auch keine Siebdruck-Profis sind. Wir gehen unbefangen an die Sache heran und kommen dadurch auf Sachen, die ein Profi vielleicht anders machen würde. Wir probieren Sachen aus, die mal mehr und mal weniger gut funktionieren. Dadurch werden sie aber etwas Besonderes, wie zum Beispiel unsere letzte Ausgabe: Da haben wir das Magazin gefalzt und in Folie einvakuumiert. Es hatte natürlich seine Stärken und Schwächen, aber es ist ein tolles Produkt geworden, das wahrscheinlich nicht jeder gemacht hätte. Wir haben auf jeden Fall etwas daraus gelernt.
Gibt es etwas, das ihr am liebsten gestaltet?
Lukas Das ist eine schwere Frage, denn es gibt nicht DAS Motiv. Wir haben zwar ein Konzept, das Allem übergeordnet ist, aber unsere Kommilitonen würden sicherlich die Handschrift des jeweiligen Gestalters an seinen Postern erkennen.
Nick Die Sache ist, dass wir zu jeder Ausgabe ein Thema festlegen. Für unsere jetzige Ausgabe "Rausch" hat sich jeder mit einer anderen Form von Rausch beschäftigt. Dem Drogenrausch, dem religiösen Rausch oder dem Liebesrausch, was auch immer. Wir versuchen möglichst ominöse Begriffe zu nehmen, Begriffe, die nicht zu direkt definiert sind. So können wir solche Themen möglichst breit gefächert bedienen.
Woher bezieht ihr eure Inspiration? Oder würdet ihr sagen, Inspiration ist ein Mythos?
Konstantin Ich glaube, wir haben durch unseren Studienalltag ein kleines Repertoire aufgebaut. Durch das, was wir im Studienalltag sehen oder ...
Lukas ... durch das eigene ästhetische Empfinden.
Konstantin Auch, ja. Das spielt mit rein. Eine komplette Mischung aus allem macht die eigene Inspiration aus. Worauf man auch Lust hat und worauf man bei der Recherche stößt.
Tobias In unserem Studium lernen wir ja auch, auf unsere Umgebung zu achten, Zusammenhänge zu erkennen und Ideen kreativ umzusetzen. Wir sind mittlerweile im siebten Semester, da hat sich das schon ein bisschen eingetrichtert. Man geht gar nicht mehr auf die Suche nach Inspiration, sondern ist einfach wachsamer. überlegt Und Kreativität kennt keine Pausen.
Die Siebdruckninjas lachen und verorten die Aussage bei Tobias.
Habt ihr konkrete Ziele, die ihr mit den Siebdruckninjas verfolgt?
Adrian Tausend Follower bei Instagram! alle lachen
Lukas Am Ende des Projektes sind wir immer noch frei in dem, was wir schaffen. Wenn etwas aus dem Konzept fällt, dann ist es trotzdem in Ordnung, weil uns niemand etwas vorschreibt, kein Kunde der dahinter steckt. Diese Freiheit wollen wir uns wahren. Was uns freut ist, dass wir die Produktion unserer Magazine durch ihren Verkauf refinanzieren können. Alles, was wir einnehmen, stecken wir in die nächste Ausgabe.
Gibt es vielleicht noch etwas, dass ihr anderen Studierenden mitgeben wollt?
Paul Man hat im Studium vielleicht manchmal das Gefühl, dass man nichts nebenher schafft. Wenn man aber wirklich für eine Sache brennt, sei es Siebdruck oder was auch immer, sollte man es einfach mal machen und nicht darüber nachdenken, ob es sich wirklich lohnt. Wenn man Spaß an einer Sache findet, schlägt man vielleicht auch mal die Nacht um die Ohren, um herauszufinden, was daraus werden kann.
Lukas Eigentlich lohnt es sich immer, etwas zu tun. Selbst wenn man damit auf die Nase fällt, hat man dabei immer noch etwas gelernt. Deswegen einfach machen und es genießen.
Die Arbeiten der Siebdruckninjas findet man im FF Central, in der Münster School of Design am Leonardo-Campus und auf ihrem Instagram Profil.
(Fotos: Madgalena Banning)