Münster, 04.09.2017. Fragt man einige sieben Jahre alte Schüler einer dänischen iPad-Schule nach ihren Lesegewohnheiten, so erhält man überraschende Antworten. Die Erstklässler, denen das Schreiben ohne Bücher gelehrt wird, berichten davon, dass sie am liebsten in die Bücherei gehen. Bei gedruckten Büchern sei die Entscheidung viel einfacher, was sie am liebsten lesen wollen. Und ihnen gefällt, wie leicht es dann geht, gleich mit dem Lesen anzufangen: Man muss ein solches Buch einfach nur aufschlagen.
So ungesichert unser Wissen über die Auswirkungen des digitalen Lesens auch sind, der Kongress FURE - The Future of Reading konzentriert sich auf die Chancen und Herausforderungen des Umbruchs in der Medienwelt. Welchen Einfluss haben analoge oder digitale Lesegewohnheiten auf unsere Fähigkeit, das Gelesene zu erinnern? Sich in das Gelesene vertiefen zu können oder einzufühlen? Wie kann sich das Lesen beispielsweise gegen andere kulturelle Techniken wie das Spielen, das Zuhören oder das Zuschauen durchsetzen? FURE schafft Raum für Statements, Visionen und Positionen von Designerinnen und Designern aus den Bereichen Magazin, Zeitung und Buch sowie dem Designnachwuchs der Münster School of Design.
An der Münster School of Design bietet Prof. Rüdiger Quass von Deyen, Leiter des Kompetenzzentrums Neudenken.Now an der MSD, in Kooperation mit Patrick Marc Sommer, Gründer von Typoint sowie Mitherausgeber und Redakteur des Magazins Design made in Germany, eine Plattform für Theorie und Praxis. Basierend auf der Annahme, dass Lesen eine von Neugier, Interesse, Zeitvertreib, Lust und Laune motivierte optisch-geistige Bewegung des Menschen ist, und somit mehr ist als die Aufnahme von Information, nähert sich FURE den Themen, die alle Medien bewegen - heute und in Zukunft.
Das Lesen ist eine zentrale Technik für unsere Zivilisation. Vor diesem Hintergrund positioniert sich FURE als Standortbestimmung für eine Branche, die einem kontinuierlichen Entwicklungsprozess unterliegt.
Das Programm
9.00 Uhr Einlass & Registrierung
➜ 10.00- 10.15 Uhr Begrüßung
➜ 10.15- 10.45 Uhr Prof. Dr. phil. Lars C. Grabbe
➜ 10.45- 11.15 Uhr Ruslan Krohn 15 Minuten Pause
➜ 11.30- 12.00 Uhr Katharina Hesse
➜ 12.00- 12.30 Uhr Hanne Mandik
1,5 Stunden Mittagspause
➜ 14.00- 14.30 Uhr Prof. Florian Adler
➜ 14.30- 15.00 Uhr Annick Malou Roy & Leonie Schäffer
15 Minuten Pause
➜ 15.15- 15.45 Uhr Johannes Klein-Reesink & Christian Rosenthal
➜ 15.45- 16.15 Uhr Raban Ruddigkeit 30 Minuten Pause
➜ 16.45- 17.15 Uhr Frank Rausch
➜ 17.15- 17.45 Uhr Holger Windfuhr
Ab ca. 17.45 Uhr Get Together
Die Sprecher
Prof. Florian Adler
Wie müssen Publikationen und Webseiten gestaltet sein, damit sie für Menschen mit und ohne Seheinschränkungen gleichermaßen gut lesbar und trotzdem attraktiv sind? Mit dieser Frage beschäftigte sich unser Gast Prof. Florian Adler, geschäftsführender Gesellschafter des Designbüros adlerschmidt GmbH, in einem Projekt mit dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e.V.
Bei FURE stellt er den Entwicklungsprozess zum entstandenen Relaunch der DBSV-Website und des Mitgliedermagazins sowie die Online-Plattform zu inklusivem Kommunikationsdesign leserlich.info vor. Er ist Honorarprofessor für Kommunikationsdesign an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und seit 2010 Mitglied im DIN Normenausschuss.
Prof. Dr. phil. Lars C. Grabbe
Welchen Einfluss hat die Schriftkultur auf die Kulturdynamik und Individualität des Menschen genommen? In welchem Verhältnis stehen Schriftentwicklung, Lesefähigkeit, Kulturdynamik und Technologie? Diesen Fragen nähert sich Prof. Dr. phil. Lars C. Grabbe von der Münster School of Design.
In seinem Vortrag bei FURE befasst er sich mit der kulturellen Dynamik des Lesens als besondere Form des wahrnehmenden Sehens, die auf eine Schrift als autonome Psychotechnologie angewiesen ist. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen die Phänosemiose von Mediensystemen, die Wahrnehmungs-, Kommunikations- und Medientheorie sowie Bildwissenschaft, Ästhetik, Semiotik und Filmwissenschaft.
Johannes Klein-Reesink und Christian Rosenthal
Wie werden Magazine in Zukunft konsumiert? Wie müssen sich Magazinmarken medial aufstellen, um sowohl attraktiv und relevant wahrgenommen zu werden als auch die Marken- und Medienloyalität nachhaltig zu steigern? Kann ein co-kreatives Publikationsmodell in Form einer Content Community der interaktiven, partizipativen und selbstbestimmten Mediennutzung der heutigen Nutzerschaft besser entsprechen und sie somit langfristig an die Marke binden? Mit diesen Fragen beschäftigten sich die Absolventen Johannes Klein-Reesink und Christian Rosenthal der Münster School of Design in ihrer Masterarbeit "A New Kind Of".
Angesichts der Chance, zeit- und ortsungebunden Inhalte zu generieren und diese mit anderen zu teilen, sind aus passiv konsumierenden Menschen aktiv gestaltende Nutzer geworden. Mit der Vorstellung von "A New Kind of" beleuchten die Absolventen die Veränderung der Mediennutzung durch digitale Netzwerke und erproben mögliche Potentiale für ein zukunftsfähiges, co-kreatives Publikationsmodell von Magazinen und Marken. Johannes Klein-Reesink und Christian Rosenthal arbeiten als freiberufliche Artdirectors und Designer.
Ruslan Krohn
Das Lesen ist eine gelernte zentrale Technik unserer Gesellschaft. Was bedeutet dessen Digitalisierung? Dieser Frage stellt sich unser Gast Ruslan Krohn, Gründer und Geschäftsführer der Digitalagentur TBO INTERACTIVE, welche im kress-Ranking Platz 3 der wichtigsten Designagenturen Deutschlands belegt.
Bei FURE spricht Krohn über den Wettbewerb der Aufmerksamkeit auf digitalen Bildschirmen. Seine Kernkompetenzen liegen in den Bereichen Innovationsmanagement und Strategieentwicklung sowie Lösungen zur multimedialen Markenbekanntmachung und Zielgruppenbindung. Er wurde für "hausgemacht.tv", den ersten deutschen Videoratgeber im Internet, u.a. mit dem Grimme Preis ausgezeichnet.
Frank Rausch
Text ist überall - und wir lesen im Alltag inzwischen mehr Text von Glas als von Papier. Welche neuen Arbeits- und Denkweisen sind erforderlich, um gute Lesetypografie für dynamische Inhalte zu gestalten? Mit dieser Frage beschäftigt sich unser Gast Frank Rausch, Interface-Designer, App-Entwickler (er entwickelte u.a. eine App für Wikipedia) und Spezialist für digitale Typografie.
Bei FURE wird er seine Arbeitsweise vorstellen und über die Möglichkeiten zur Umsetzung guter Typografie in der Zukunft spekulieren. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer von Raureif, einer Berliner Beratungsfirma für Interaction Design.
Annick Malou Roy und Leonie Schäffer
Die Digitalisierung hat heutzutage alle Ecken der Welt erreicht und ist so selbstverständlich wie das Atmen oder das Amen in der Kirche. Doch zwischen himmelhoch Jauchzen und »früher war alles besser«-Schmähreden, werden das Digital-Sein und die damit verbundenen sozialen Medien oft als vermeintlicher Auslöser einer missratenen Generation, missglückten Beziehungen und einer Wertabnahme der Kommunikation gesehen. Die Absolventinnen der Münster School of Design Annick Malou Roy und Leonie Schäffer beziehen sich in ihrer Abschlussarbeit "Holy Media" auf eine Gesellschaft aus mehreren Generationen, die lernt mit den Auswirkungen von Social Media umzugehen.
Warum nutzen wir rund um die Uhr soziale Medien? Was machen diese Medien mit uns? Was steckt überhaupt dahinter? Und warum lösen neue Medien noch heute Hysterien aus? Mit diesen Fragen werden sich Roy und Schäffer bei FURE befassen. Schäffer studiert ab dem Wintersemester im Master Information und Kommunikation an der MSD, Roy arbeitet in einer Agentur in Münster als Designerin im Bereich Kunst und Kultur.
Hanne Mandik
Was ermöglicht der aktuelle Stand der Technik in der Gestaltung typografisch anspruchsvoller E-Book-Layouts? Wo liegen noch Grenzen und wie könnte die Zukunft des E-Books aussehen? Illustriert an Beispielen aus dem Verlagsprogramm beschäftigt sich unser Gast Hanne Mandik von Kiepenheuer & Witsch mit diesen Fragen.
Bei FURE bietet sie Einblick in den Designprozess mit seinen Herausforderungen und Möglichkeiten im Bereich E-Books. Mandik hat Buchwissenschaft und Anglistik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz sowie der University of Glasgow studiert und lehrte nach ihrem Magisterabschluss am Institut für Buchwissenschaft in Mainz.
Raban Ruddigkeit
"Albert Einstein soll einmal gesagt haben, dass er eigentlich nur die Ideen anderer konsequent zuende gedacht hat. Wahr ist, dass Disziplin und Leidenschaft die eigentlichen Treiber unserer Arbeit sind, nicht Technologien und Trends", so unser Gast Raban Ruddigkeit, Illustrator, Designer, Herausgeber und Autor.
Bei FURE stellt er das Projekt COBLISHER.COM vor, das digitale und analoge Qualitäten verbindet. Ruddigkeit, Gestalter und Pubilzist, arbeitete als Designer und Artdirector für Magazine und Werbeagenturen bis er beide Welten in seinem Studio in Berlin verband. Er gewann bereits mehr als 100 Auszeichnungen.
Holger Windfuhr
Print und Digital sind kein Widerspruch! Darüber, dass wir die hektische, dogmatische Atemlosigkeit aus der Diskussion nehmen sollten, spricht unser Gast Holger Windfuhr, Artdirector der Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Print nimmt eine gänzlich andere Rolle ein als Digital - und erfüllt andere Bedürfnisse. Bei FURE nennt er Beispiele dafür, was Print gegenüber Digital leistet und erklärt, warum Digital Print brauchen kann. Windfuhr ist Mitglied des Art Director Clubs sowie der Society of Publication Designers und hat zahlreiche Designpreise gewonnen.