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Jugendliche und junge Heranwachsende als Täter sexualisierter Gewalt. Verarbeitungsmechanismen sexualisierter Gewalt aus Täterperspektive und Auswirkungen für die rückfallpräventive Soziale Arbeit

Münster, Lügde oder Bergisch Gladbach – spätestens seit der Aufdeckung größerer Missbrauchskomplexe in den vergangenen Jahren ist sexualisierte Gewalt sowohl im gesellschaftlichen wie fachlichen Diskurs angekommen. Forderungen nach einem stärkeren Schutz von Kindern und Jugendlichen wurden laut. Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen reagierte mit einem neuen Landeskinderschutzgesetz im Jahr 2022 und auch eine bundesweite Verschärfung des Sexualstrafrechts 2021 waren die Folge. Die Verschärfung von Gesetzen sowie eine zunehmende gesellschaftliche Punitivität sind als Folge erkennbar. Gleichzeitig steigen die Zahlen in diesem Deliktbereich, was mit einer zunehmenden Sensibilisierung sowie einer gezielten Strafverfolgung zusammenhängen kann.


Neben der erkennbaren Schärfung des Blicks auf sexualisierte Gewalt zeichnet sich allerdings ein blinder Fleck ab. Wird der Fokus auf sexualisierte Gewalt in Einrichtungen und auf den erwachsenen, männlichen Fremdtäter gelegt - zunehmend wird auch die Familie als Ort sexualisierter Gewaltausübung in die Präventionsarbeit miteinbezogen - so bleibt eine weitere bedeutende Zielgruppe außen vor: Kinder und Jugendliche selbst, die zu Tätern sexualisierter Gewalt werden. Laut polizeilicher Kriminalstatistik liegt der Anteil von Tatverdächtigen beim sexuellen Missbrauch von Kindern bei 38 %. Im Bereich der Verbreitung, dem Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte liegt er sogar bei 47,5 % (BKA, 2024). Grundsätzlich gilt Kriminalität in der Jugendphase als ubiquitär, aber ebenfalls als veränderbar, abhängig von verschiedenen Faktoren wie sozialen Beziehungen. Für Kinder, Jugendliche und Heranwachsende, die sexualisiert übergriffig werden, gibt es verschiedene Angebote des Jugendhilfesystems. Wie diese Maßnahmen wirken und welchen Einfluss sie auf die Jugendlichen haben, kann einen großen Einfluss auf Desistance-Prozesse und die Resozialisierung haben, ist bislang aber nicht bekannt.

 


Darstellung des Forschungsvorhabens
Hieran schließt das Forschungsvorhaben an. Der Arbeitstitel der im Rahmen des Projektes entstehenden Dissertation lautet: Jugendliche und junge Heranwachsende als Täter sexualisierter Gewalt. Verarbeitungsmechanismen sexualisierter Gewalt aus Täterperspektive und Auswirkungen für die rückfallpräventive Soziale Arbeit.


Im Mittelpunkt des grundlagenwissenschaftlichen Ziels steht die Entwicklung einer Theorie über die Verarbeitung von Sexualstraftaten aus Täterperspektive unter Einbezug pädagogischer und gesellschaftlicher Einflüsse. Dazu soll die Dissertation die folgenden Fragen beantworten:



  • Wie erleben jugendliche Täter die Aufdeckung ihrer Tat hinsichtlich ihres Selbst- und Fremdbildes sowie ihrer Identitätsentwicklung?

  • Wie erfolgt vor dem Hintergrund der gemachten Erfahrungen die Integration der Taten in die weitere Lebensbiografie und welche Verarbeitungsmechanismen werden angewandt?


Das praktische Ziel soll Handlungsempfehlungen für die Soziale Arbeit mit dieser Klientel entwickeln. Dafür sollen die nachfolgenden Fragen beantwortet werden:



  • Wie wirkt sich der Umgang des pädagogischen Hilfesystems sowie der Gesellschaft auf die Tatverarbeitung und Verarbeitungsstrategien der jugendlichen Sexualstraftäter aus?

  • Welche Auswirkungen haben die Verarbeitungsstrategien für die Resozialisierung und die rückfallpräventive Soziale Arbeit?


 


Methodisches Vorgehen
Für die Datenerhebung werden mindestens 20 Interviews mit sexualisiert übergriffig gewordenen Jugendlichen und Heranwachsenden geführt, die sich zum einen aktuell noch im Hilfesystem befinden sowie zum anderen mit heranwachsenden Sexualstraftätern, die sich nicht mehr in Einrichtungen der Jugendhilfe befinden und in Justizvollzugsanstalten untergebracht sind. Zudem sollen zu Beginn des Projektes bereits Interviews mit Jugendlichen geführt werden, die gerade in das Hilfesystem eintreten und in regelmäßigen Abständen weitere Interviews stattfinden, um Veränderungen über den Zeitverlauf hinweg zu dokumentieren.


Zusätzlich werden Interviews mit Angehörigen der Jugendlichen und Heranwachsenden geführt sowie Expert:inneninterviews mit Fachkräften aus dem Tätigkeitsbereich.

 

Projektleitung


Prof. Dr. rer. pol. habil. Sebastian Kurtenbach
Fachbereich Sozialwesen
Friesenring 32
48147 Münster
Tel: 0251 83-65745
Fax: 0251 83-65702

kurtenbachfh-muensterde

Mitarbeitende


  • Linda Schumilas M.A.

Projektzeitraum


vom 01.09.2024 bis 30.09.2028

Finanzierung


  • Das Forschungsvorhaben wird im Rahmen einer Qualifizierungsstelle vom Fachbereich Sozialwesen der FH Münster gefördert.
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