Bei dem jährlichen Architekturwettbewerb zeichnete die Jury Charlotta Baumann und Vinzenz Keiler für "U[R]TOPIA" mit dem 1. Preis und Nils Bieker und Christoph Heufert für "RE:OFFICE" mit dem 3. Preis aus.

Jedes Jahr lädt der Architekturwettbewerb Transformation des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft Studierende ausgewählter Hochschulen ein, sich mit städtebaulichen und architektonischen Veränderungen zu beschäftigen.

In Kooperation mit Unternehmen, Städten sowie weiteren Institutionen beschäftigte sich der diesjährige Wettbewerb unter dem Titel LÜCKENFÜLLER mit der Ergänzung der Hauptverwaltung der "Emscher Genossenschaft, Lippe Verband", dem größten Wasserwirtschaftsunternehmen Deutschlands mit Sitz in Essen. Die Hauptaufgabe bestand in dem Abbilden 230 neuer Arbeitsplätze um die Unterbringung aller 600 Mitarbeiter:innen im Hauptfirmensitz zu gewährleisten, sowie eine Reorganisation infrastruktureller Einrichtungen und organisatorischer Abläufe innerhalb des Gebäudes. Es galt den Neubau innovativ, ökologisch und nachhaltig zu konzipieren und damit alle wesentlichen Unternehmensgrundsätze im Entwurf wider zu spiegeln.

1. Platz: "U[R]TOPIA" von Charlotta Baumann und Vinzenz Keiler

Der Siegerentwurf "U[R]TOPIA" von Charlotta Baumann und Vinzenz Keiler hat vorhandene Potentiale erkannt und durch deren Transformation ikonografische Raumsequenzen erschaffen. Die architektonischen Antworten mit hohem Anspruch an die Nachhaltigkeit, Resilienz und eine diverse, demokratiefreundliche Gesellschaft manifestieren den Wertekanon der EGLV in jeder Maßstabsebene. Die historischen Gebäudeteile, als auch der Neubau werden unter Berücksichtigung künstlerischer Aspekte feinfühlig in ein Ganzes transformiert und schaffen aus einer lokalen Bauaufgabe einen Archetyp von internationaler Strahlkraft. Urbestreben einer soliden Bauaufgabe oder Utopie?

"Einer gründlichen Analyse der bestehenden Gebäude folgen die Schritte "Lückenfüller, Schulterschluss und Brückenschlag". Der Bestand wird hierbei nicht überformt, sondern mit überschaubaren aber klug gesetzten Ergänzungen und Anpassungen weiterentwickelt. Besonders der Brückenschlag in Verbindung mit der Dachlandschaft ist der Schlüssel zu diesem sehr überzeugenden Gesamtkonzept. Durch das Verknüpfen der Gebäude in der obersten Ebene, kann sowohl die angestrebte enge Verbindung der einzelnen Arbeitsgruppen erreicht werden, gleichzeitig bleibt aber der offene Hof bestehen. Den Benutzern eröffnen sich dadurch mehrere Optionen das gesamte Haus zu durchqueren. Es entstehen viele interessante Wege, die entweder auf die Dachterrasse zur Entspannung führen oder aber durch die obere Brückenebene zu den Konferenz- und Versammlungsräumen. Die räumlichen Eindrücke aus den jeweiligen Blickwinkeln werden in den Darstellungen sehr gut abgebildet und beflügeln die Phantasie. Man kann sehr einfach beschreiben, was einem beim Betrachten dieser Bilder durch den Kopf geht: Dort möchte man gerne arbeiten! Die Verfasser Charlotta Baumann und Vinzenz Keiler begnügen sich aber nicht mit diesen bildlichen Darstellungen, sondern liefern auch weitere konzeptionelle Bausteine, um die Gesamtstrategie besser verstehen zu können. Die Treppen und die Verbindungskorridore, die Gemeinschaftsflächen und kleinen Restaurants, die Vorstandsebene und die Kita Emscher KIDS wachsen zu einem schlüssigen Gesamtgebäude zusammen und lassen das ehemals zufällige Nebeneinander der unterschiedlichen Gebäudeteile vergessen. Zwei besondere Elemente in diesem Zusammenhang sind die durchgehende Holzfassade und das Energie- und Ressourcenkonzept. Die durchgehende Holzfassade ist in der Lage, die unterschiedlichen Bestandsgebäude architektonisch mit den Neubauten zu verbinden. Das sehr eloquent vorgetragene Konzept erscheint absolut realistisch und könnte eine solide Basis zur Lösung dieser verzwickten Aufgabe auch in der Praxis sein. Vielleicht wird die Utopie viel schneller zur Realität, als man sich das bei der Formulierung der Aufgabe gedacht hat."

(aus dem Juryprotokoll 14. April 2021)

3. Platz: "RE:OFFICE" von Nils Bieker und Christoph Heufert

Die Jury zeichnete desweiteren Nils Bieker und Christoph Heufert für ihre Arbeit RE:OFFICE mit einem 3. Preis aus.

Schon von Beginn an beschäftige sie vor allem die Frage nach einer Arbeitswelt, welche das klassische Verhältnis des Menschen zur Arbeit in Frage stellt, und jede:n einzelne:n Mitarbeiter:in der Emschergenossenschaft in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt. Nach einer intensiven Auseinandersetzung mit den Problematiken und aktuellen Entwicklungen der Arbeitswelt und den daraus entstehenden Anforderungen für eine hochwertige, offene und wandlungsfähige Arbeitsumgebung, erarbeiteten sie einen Modulkatalog stereotypischer Arbeitskonfigurationen mit differenzierten Qualitäten, welcher sowohl im Bestand als auch in dem Erweiterungsbau angewendet werden kann. Eine Neuentwicklung der bestehenden internen Infrastruktur und eine innovative Organisation der Abteilungen in Projektgruppen ermöglichte eine individuelle, an die jeweiligen Mitarbeiter:innen ausgerichtete Anwendung des tätigkeitsbasierten Modulkatalogs. Die räumlichen Konfigurationen, in denen ein Erholen oder auch Vernetzen stattfinden kann, sind vor allem in den zum Campus orientierten Plusräumen gegeben. So werden mithilfe dieser sogenannten Plusräume hochwertig gestaltete halbprivate Freibereiche und Pufferzonen zwischen Arbeitswelt und urbanem Campus geschaffen, die von jeder Projektgruppe individuell genutzt werden können. Neben den vorgeschlagenen Bürostrukturen wird auch die Gestaltung der stadträumlichen Ebene von der Jury gelobt:

"Der Vorschlag, einen offenen großen Freiraum zwischen die historischen und überformten Bestandsgebäude einzubetten schafft eine hohe Qualität im Erdgeschoß. Der Außenraum vernetzt das Areal selbstverständlich mit den Straßenräumen und dem angrenzenden Bernewäldchen. Der neue Campus verbindet die Einzelbauten über hochwertige, fein gegliederte Freibereiche und ein zentral liegendes Wasserbecken, das sehr gut zum neuen Auftritt der Emschergenossenschaft passt." 

(Auszug aus dem Juryprotokoll 14. April 2021)

Die Plusräume als Pufferzonen, die ausdifferenzierten Freiflächen auf dem Campus, als auch die Outdoor Working Spaces auf der begrünten Pergola im Dachgeschoss verbinden die Welt des Arbeitens mit der der Begegnungen und des Austauschs miteinander. Mit ihrem Wettbewerbsbeitrag RE:OFFICE transformieren Nils Bieker und Christoph Heufert so das heterogene Konglomerat, bestehend aus den verschiedenen Erweiterungsgebäuden, zu einem umfassenden Gefüge aus verschiedensten Qualitäten, welches die individuellen und vielfältigen Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen bzw. deren Anforderungen an eine offene und wandlungsfähige Arbeitsumgebung in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt.



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