Welche Gründe haben Sie zu der Entscheidung geführt Architektur zu studieren?

Zu der Entscheidung hat mich tatsächlich die Neigung zur Mathematik und Naturwissenschaft, genauso wie zur Kunst geführt. Eigentlich die Mischung, die viele Architekten mitbringen. Es hat im Endeffekt alles abgedeckt, auch wenn man im Berufsleben dann merkt, dass der Entwurfsanteil geringer ist und der wirtschaftliche Anteil viel mehr Zeit beansprucht.

Während Ihres Studiums haben Sie auch ein Semester im Ausland verbracht. Welche Bedeutung hatte es für Sie im Ausland zu studieren und ein Auslandssemester in Madrid zu machen?

Auf jeden Fall eine neue Sprache zu lernen und die Kultur kennenzulernen. Ich hatte schon immer eine Affinität zu Spanien, da meine Patentante dort lebt. Ich habe nach dem Abitur ein Praktikum in einem Architekturbüro in Barcelona gemacht, obwohl ich die Sprache Katalan nicht konnte. Da ich aber zu der Zeit im Büro noch nicht so viel machen konnte, außer Rapidographen zu reinigen, hab ich erstmal beschlossen zu studieren und danach im Studium nach Spanien zu gehen. Über Erasmus bin ich in der super spannenden Stadt Madrid gelandet. Ich liebe die Sprache, ich verlerne sie nur leider immer mehr.

Wenn Sie nun auf die Zeit zurückblicken, gibt es Unterschiede in der Lehre zwischen Deutschland und Spanien, die Sie wahrgenommen haben?

Tatsächlich ist Spanien damals sehr verschult gewesen. Das kannte ich aus der Uni gar nicht. Viele Studierende wohnten auch weiterhin bei ihren Eltern und sind immer nur kurze Zeit an der Uni gewesen und dann wieder sofort weg. Das Campusleben an sich hat dadurch nicht so stark stattgefunden. Es hat sich mehr über die gesamte Stadt verteilt. Ich erinnere mich noch daran, dass der Statik Kurs sehr anspruchsvoll war. Wir Erasmus- StudentInnen haben meistens eher die Entwurfskurse belegt und versucht, ganz viel von der Kultur und Sprache mitzunehmen. Erasmus empfehle ich wirklich allen. Alleine die Weltoffenheit. Das sind Erfahrungen, auf die man immer gerne zurück blickt. Man kann ja auch während des Berufslebens ins Ausland gehen, am besten möglichst früh nach dem Abschluss des Studiums.

Wie kam es bei Ihnen zum Schritt in die Selbstständigkeit?

Ich hatte schon immer vor, meine eigenen Sachen zu machen und selbstbestimmt zu arbeiten. Dazu kam, dass man als angestellte:r Architekt:in immer irgendwann an den Punkt kommt, an dem man sich nicht mehr weiterentwickelt. Man hat fast alles erlernt und vor allen Dingen in mittelgroßen Büros kommt irgendwann der Moment, in dem man sich denkt ,"jetzt kann ich alles und will mein eigenes Ding machen".

Neben Ihrem eigenen Büro haben Sie dann irgendwann angefangen zu lehren. Wie funktioniert es, beides gleichzeitig auszuführen?

Der Schritt in die Lehre ist natürlich sehr viel am Anfang und das Büro muss auch ein bisschen darunter leiden. Man sollte später, wenn man etwas mehr Zeit hat, eine Ausgewogenheit hinbekommen. Für die Lehre ist es wichtig am Puls der Zeit im Bauen zu bleiben. Bei aktuellen größeren Projekten ist es natürlich gut, BauleiterInnen und ProjektleiterInnen zu haben, die sehr selbstständig arbeiten.

Warum sind Sie in die Lehre gegangen?

Es gab den Kontakt zu einer befreundeten Architektin, die bei Architektur und Schule von der Hamburger Architektenkammer mitwirkt. Ich fand das sehr spannend. Als sie mich 2012 gefragt hat, ob ich Interesse daran habe, kam es zum Einstieg in die erste Lehrtätigkeit. Wir haben als Gruppe von Architektinnen Sonderaktionen gemacht, wie Schülerwettbewerbe mit architektonischen Themen oder sind mit dem Programm "Architektur vor Ort" für zwei Wochen direkt an Schulen gegangen. Auch in Museen haben wir Projekte veranstaltet. Das war mein Einstieg in die Lehre und später folgte der erste Lehrauftrag an einer Hochschule.

Wie hat es Sie von Hamburg nach Münster für die Lehre verschlagen?

Ich habe westfälische Wurzeln und komme aus Bielefeld. Da fand ich Münster als Studentenstadt einfach super interessant. Zum einen kenne ich die westfälische Mentalität und zum anderen gefiel mir die Hochschule sehr gut, insbesondere auch die vielfältige Mitwirkung der Studierenden

Was möchten Sie ihren Studierenden gerne mit auf den Weg geben?

Einerseits finde ich, dass man vermitteln muss, was sie später erwartet. Also nicht die Lehre vom Berufsfeld trennen. Ich versuche Bauerfahrung zu vermitteln. Wie sieht das ganze Projekt auch auf der Baustelle aus. Es sollte keinen Cut zwischen Entwurf und Umsetzung geben. Auf der anderen Seite ist aber auch der Raum da, zu träumen. Man darf nicht immer zu realistisch planen. Mir ist es ganz wichtig zu vermitteln, dass die Studierenden die Architekt:innen von morgen sind und neue Ideen haben können. Man sollte seine Lehre nicht auf dem aktuellen Stand belassen. Natürlich muss man das Fachwissen vermitteln, aber wichtig ist, dass die Studierenden später sehr viele Sachen anders machen und anders denken können und somit auch nachhaltiger Bauen. Man kann viel beitragen, indem man seine eigenen Ideen vorträgt. Natürlich erfährt man auch Rückschläge, aber man sollte wissen, dass man träumen darf und als Generation Sachen verändern kann.

Gab es ein Projekt, das Sie entwickelt haben, welches Sie am spannendsten fanden?

Ich finde es sehr spannend, einen Schulbau zu planen. Wir haben die Stadtteilschule Rissen geplant. Dort war es knifflig mit einem vorgegebenen Budget zu arbeiten, bei dem viele Architekt:innen schon sagen, dass sie damit nicht bauen können. Dann zu merken, dass es doch funktioniert und man spannende Sachen mit einfachen Materialien entwickeln kann, ist toll. Als Angestellte habe ich Museen gebaut und representative Bauten mit geplant, wie die Hamburgische Landesvertretung in Berlin. Wenn dort aktuell die Koalitionsgespräche stattfinden, ist es immer ein gutes Gefühl zu sehen "Oh, es ist ja dort noch alles wie damals entworfen".

Nun in eine ganz andere Richtung und zu einem sehr präsenten Thema. Haben Sie etwas, was Sie sich als Professorin unter all den Professoren wünschen würde?

Frauen in der Architektur steht als Thema absolut im Fokus für mich! Auch lehren weniger Professorinnen, als Professoren. Ganz wichtig ist, woran liegt das? Das muss analysiert werden. Woran liegt es, dass gleich viele Männer und Frauen Architektur studieren, aber einige Frauen irgendwann nicht mehr in dem Bereich Architektur tätig sind. Der große Cut kommt bei der Besetzung von Führungspositionen. Das ist tatsächlich ein großes Problem. Auch in meinem Bekanntenkreis habe ich viele Frauen, die hervorragende Projektleiterinnen sind, aber keine 40 Stunden pro Woche, sondern 30 Stunden arbeiten und denen der letzte Schritt in die Partnerschaft nicht angeboten wird. Mein Mann und ich haben immer zu gleichen Teilen gearbeitet und uns um die Familie gekümmert. Ich sehe es oft, dass Frauen, nachdem sie auf Teilzeit umgestiegen sind, ein bisschen die Idee von "Wo möchte ich irgendwann beruflich hin" verlieren. Ich kann Frauen nur bestärken, an ihrem beruflichen Ambitionen festzuhalten und ihren Weg zu gehen. Erfreulicherweise hat man das Gefühl, dass ein Wandel in den Büros und in der Hochschullehre gerade einsetzt.

Anschließend an diese Frage. Gäbe es etwas, was Sie den Leuten hinsichtlich des Themas "Frauen in der Architektur" mitgeben möchten?

Selber seine Sachen einfordern und auch danach streben! Man kann die Familie und Arbeit in Einklang bringen und sich dabei alles zutrauen. Die Bürogründung beispielsweise. Es wird einem nicht leicht gemacht. Man muss viel leisten. Ich hoffe, dass sich die Strukturen weiter verbessern. Das Thema ist da und präsent. Durch Corona gab es fast nochmal einen Rückschritt.

Und nun zum Schluss. Mit welcher Person würden Sie gerne mal einen Kaffee in der 8Bar trinken, egal ob tot oder lebendig?

Die 8Bar ist natürlich ein perfekter Ort für den Austausch über Architektur. Ich würde gerne mit Peter Zumthor einen Kaffee trinken und über Baukunst und Materialität philosophieren.
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