Vor Corona – im Februar 2020 – traf sich das Team zum Fototermin. Daniel Knüppe, Niklas Ruhe, Nick Göller, Roderick Topütt, Alexander Schulze (hintere Reihe v.l.) sowie Karim El Isa und Ronja Bühner (vorne) haben gemeinsam ein autonomes Fahrzeug entwickelt. (Foto: FH Münster/Jana Schiller)
In drei Gruppen haben die Studierenden das Fahrzeug mit einer Navigation für den Innen- und Außenbereich sowie einer Ladestation ausgestattet. (Foto: FH Münster/Jana Schiller)
Karim El Isa und Ronja Bühner zeigen im Februar 2020, wie es geht: Ein Klick genügt, und das Fahrzeug fährt selbstständig seine Ladestation an. (Foto: FH Münster/Jana Schiller)
Steinfurt (8. April 2020). Langsam rollt das kleine Fahrzeug nach vorne, hält kurz an und korrigiert seine Ausrichtung, dann dockt es an die Ladestation. Das Besondere: Niemand steuert das vierrädrige Gefährt, das optisch an einen Monster Truck im Miniaturformat erinnert. Elf Studierende des Bachelorstudiengangs Elektrotechnik der FH Münster haben sich im Modul "Projektmanagement" eigene Gedanken zum aktuellen Thema autonomes Fahren gemacht und das Roboterauto als Anschauungsobjekt für Schüler und Studieninteressierte entwickelt.
Die Idee für das Projekt hatte Prof. Dr. Götz Kappen vom Labor für Nachrichtentechnik, kurz NTLab, der die Studierenden bei ihrer Arbeit unterstützte. Das Ziel war es, unterschiedliche Sensordaten und Navigationssysteme für den Innen- und Außenbereich in einem Gerät zu vereinen. Der Vorschlag, eine zusätzliche Ladestation zu bauen, kam von einigen der Studierenden. Sie setzten das Teilprojekt im vergangenen Wintersemester im Labor für Energiespeichertechnologie von Prof. Dr. Reinhart Job um.
Karim El Isa, Nick Göller, David Rölleke und Niklas Ruhe fertigten zunächst das Grundgerüst für das Fahrzeug. Dazu nutzten sie einen Roboterbausatz, auf dem genügend Platz für die Sensoren und restlichen elektronischen Komponenten ist. Am 3-D-Drucker entwarfen sie Abdeckungen. Für die Außennavigation verbauten die Studierenden ein GNSS-Modul, das unter anderem GPS-Signale empfängt. Ein kleiner Raspberry-Pi-Computer, auf den sie per WLAN von ihrem Laptop aus zugreifen können, liefert dem Fahrzeug die vorprogrammierten Punkte, die es dann mithilfe des Satellitensignals zentimetergenau abfährt. Die Abstandsmessung basiert auf der Methode "Lidar", bei der Hindernisse mithilfe von Laserstrahlen erkannt werden. Im Praxistest machten die Reifen zunächst Probleme, da das Fahrzeug nicht auf der Stelle drehen konnte. Die Studierenden hatten eine schnelle, improvisierte Lösung - Klebeband reduzierte den Grip.
Das Herzstück des Projekts ist die Softwarearchitektur, die die Gruppe zur Innennavigation entwickelt hat. "Eine Herausforderung war, dass die Daten von mehreren Sensoren simultan eingelesen werden müssen", erklärt Daniel Knüppe. "Als Elektrotechniker mussten wir uns da erst hineinarbeiten." Für die autonome Fahrt in Innenräumen nutzen die Studierenden die Ultra-Breitband-Technologie, kurz UWB. Dafür müssen vier Ankerpunkte im Raum positioniert werden, die das Signal des Roboterautos zurücksenden. Ein weiterer UWB-Sensor ist in der Ladestation eingebaut. "Da das Messsystem auf Licht basiert, kann das Fahrzeug allerdings lichtdurchlässige Hindernisse wie Glasscheiben nicht erkennen", erklärt Knüppe. "Das mussten wir in unserer Programmierung berücksichtigen."
Für die Stromversorgung des Fahrzeugs waren Ronja Bühner, Roderick Topütt und Alexander Schulze zuständig. Aufgrund seiner hohen Energiedichte entschieden sie sich für einen Lithium-Akku. Wenn die Studierenden den entsprechenden Befehl an den Boardcomputer senden, fährt das Roboterauto eigenständig seine Ladestation an. Sobald das Fahrzeug mit seinem Ladekontakt andockt, zeigt ein Amperemeter den Stromfluss an. Die Station bezieht ihren Strom im Moment noch über ein Kabel aus der Steckdose. "Eine Umstellung auf Batterien wäre aber kein Problem und würde die Ladestation mobiler machen", erklärt Topütt.
Das gemeinsame Tüfteln und Werkeln an einem Prototyp war für die Studierenden kein Problem. Im Gegenteil: Jeder brachte durch seine jeweilige Schwerpunktlegung im Studium andere Fachkenntnisse mit. Das praktische Arbeiten empfanden die angehenden Ingenieure als große Bereicherung. "Es ist toll, dass man am Ende ein Ergebnis sieht", sagt El Isa. "Man merkt einfach, wofür man sein Studium macht." An Ideen für Weiterentwicklungen mangelt es nicht: Einen Startknopf würden die Studierenden zum Beispiel gerne noch einbauen, und das Laborlogo aus bunten LED-Lichtern auf der Oberseite, das bisher noch keine Funktion hat, soll künftig anhand der aufleuchtenden Farben visualisieren, was das Fahrzeug gerade macht. Kappen ist schon jetzt begeistert von dem Resultat. "Das Projekt war sehr erfreulich und die Studierenden haben es super umgesetzt", lobt er.