Aktuelle Projekte
MoRe: Mobilitätsuntersuchung in der Rehabilitation
Zu den wichtigsten Zielen der Physiotherapie zählt die Optimierung des Bewegungsverhalten von Patient:innen zur Wiedererlangung oder zum Erhalt der Mobilität. Diese Aktivierung durch gezielte Maßnahmen wirkt der Immobilisierung entgegen, beschleunigt den Heilungsprozess und kann schwerwiegende Komplikationen vorzubeugen. In der Therapie von Hochbetagten besitzt insbesondere die Gangschule einen hohen Stellenwert, denn sie verringert die Sturzgefahr bei älteren Patient*innen.
Dabei gilt es als Therapeut:in stets Patient:innen durch Fazilitation ausreichend Sicherheit zu geben und während des Gehens ein mögliches Hilfsmittel (Gehwagen/Rollator) zu stabilisieren. Während des Gangtrainings von besonders gangunsicheren Patienten werden die Therapeut:innen oftmals vor die Herausforderung gestellt, zusätzlich zur Patientensicherung, über die gesamte Laufstrecke einen Rollstuhl als spontane Sitzgelegenheit mitzuführen. Dies bedingt eine ungünstige Körperhaltung von Therapeut:innen, die auf lange Sicht zu muskuloskelettalen Beschwerden führen kann. Insbesondere diese Belastungen auf den Stütz- und Bewegungsapparat werden neben psychischen Belastungen als Hauptbelastungskategorien physiotherapeutischer Arbeit eingestuft.
Daher ist das Ziel des Projektes, in Zusammenarbeit mit Therapeut:innen des St. Marien-Hospital Marsberg (MHM), die Entwicklung einer Vorrichtung, die eine automatische Mitführung einer Sitzgelegenheit während der Gangschule ermöglicht. Auf diese Weise wird eine unphysiologische Körperhaltung, bedingt durch das kontinuierliche eigenständige Fortschieben des Rollstuhls, vermieden und muskuloskelettalen Erkrankungen vorgebeugt. Gleichzeitig können Patient:innen ebenfalls von einer solchen Vorrichtung profitieren, da eine Sitzgelegenheit jederzeit in erreichbarer Nähe ist. Zudem können Therapeut:innen mit beiden Händen unterstützend beim Gehen tätig sein. Dies vermittelt Patient:innen sowohl physische und psychische Sicherheit und stärkt das Vertrauensverhältnis zwischen Patient:in und Therapeut:in.
Das Projekt wird durch das Institut für Interdisziplinarität in Gesundheit - Technik - Arbeitsfähigkeit (IGTA) gefördert.
Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. David Hochmann, Andre Hanekamp und Leon Wösting
SIGMA3D: Simulationsgestützte Medizintechnikplattform zur individuellen 3D-Hilfsmittelversorgung
In der Hilfsmittelversorgung gewinnt die Vision, hochkomplexe und individualisierte Produkte mittels additiver Fertigungsverfahren herstellen zu können, immer mehr Anhänger. Einige Betriebe setzen bereits heute bei einzelnen Prozessschritten digitale Lösungen ein. Ein vollständig digitalisierter Prozess existiert jedoch noch nicht. Das liegt an vielfältigen fertigungstechnischen, regulatorischen, prüftechnischen und konstruktiven Herausforderungen, die derzeit in allen Bereichen der Prozesskette - von der Formerfassung bis zur Sicherheitsprüfung - bestehen. Regulatorisch stellt die additive Fertigung die Hersteller momentan, aufgrund fehlender Vorgaben, vor große Herausforderungen. Durch die Einführung der MDR wird die Situation noch weiter verschärft.
Das BMBF-Projekt SIGMA3D - an dem das Labor für Biomechatronik der FH Münster beteiligt ist - hat sich zum Ziel gesetzt, eine Plattform zur Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette von orthopädischen Hilfsmitteln interdisziplinär zu konzipieren, zu entwickeln und zu erproben. Durch die Plattform soll eine neuartige Entwicklungs-, Test- und Simulationsumgebung für die Orthopädietechnik entstehen. Die FH Münster übernimmt in diesem Verbundprojekt die Funktion, den notwendigen regulatorischen, prüftechnischen und konstruktiven Rahmen zu schaffen. Dieser ist eine kritische Voraussetzung für das Gelingen des Gesamtvorhabens.
Bedingt durch die Unwägbarkeit der MDR-Einführung muss die Plattform unter ständiger Beobachtung des sich entwickelnden Rechtsrahmens und in direktem Kontakt mit den Benannten Stellen und Behörden entwickelt werden.
Eine wesentliche Innovation ist die Konzeption und Implementierung validierter Simulationsverfahren für die automatisierte, normkonforme, virtuelle Belastungs-/Sicherheitsprüfung der Hilfsmittel. Diese virtuelle Prüfung muss mit geeigneten physikalischen Prüfverfahren zur Funktions- und Betriebsfestigkeitsprüfung validiert werden. Auf Grund der bisher fehlenden normativen Festlegungen im Bereich der Orthetik müssen zur Prüfung der Use-Case-Orthesen, diese systematisch und in engem Austausch mit der zuständigen Normungsgruppe nach VDI 5703 entwickelt und charakterisiert werden.
Eine weitere Zielsetzung der FH Münster in dem Projekt SIGMA3D ist, die Erarbeitung der für die additive Fertigung optimierten biomechanischen Konstruktion des Hilfsmittels, die im engen Austausch mit Anwendungspartnern erfolgt. Die Aspekte der patientenzentrierten Entwicklung übernimmt dabei das Institut für Interdisziplinarität in Gesundheit - Technik - Arbeitsfähigkeit der FH Münster.
Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. David Hochmann und Ann-Kathrin Carl
Praktische Erprobung eines Prüfstands für Unterschenkel-Orthesen
Orthesen sind Hilfsmittel, welche von außen auf den Körper wirken. Dabei dienen sie dazu, Gliedmaßen zu stabilisieren, zu entlasten, ruhig zu stellen, zu mobilisieren oder Fehlhaltungen zu korrigieren. Somit sind die mechanischen Eigenschaften einer Orthese maßgeblich für den therapeutischen Erfolg einer Intervention verantwortlich.
Durch Schwankungen der handwerklichen Fertigung oder durch Ermüdungserscheinungen nach anhaltender Nutzung können sich die mechanischen Eigenschaften verändern und somit den Therapieerfolg gefährden. Bislang haben regionale Sanitätshäuser keine Möglichkeit, die mechanischen Eigenschaften verlässlich zu testen. Eine Veränderung der Orthese-Eigenschaften kann dementsprechend nicht valide überprüft werden. Erschwerend kommt hinzu, dass der Erkenntnisgewinn zur biomechanischen Wirksamkeit durch die fehlende Charakterisierung der Orthesen-Eigenschaften nach der handwerklichen Fertigung beeinträchtigt wird.
Um diesen Problemen zu begegnen, wurde an der FH Münster ein Prototyp zur Prüfung von Unterschenkel-Orthesen entwickelt: Der Prüfstand FABIAN (Fast Adjustable Testing Bench to Investigate Ankle-Foot-Orthoses). Dieser wird im Rahmen des BMBF-Projekts münster.land.leben in der Praxis erprobt. Als Praxispartner sind das Sanitätshaus Menßen (Münster), das Sanitätshaus Kramer (Pappenburg) sowie das Care Center Deutschland (Bochum) an dem Forschungsprojekt beteiligt.
Die Ergebnisse des Projekts sollen ein Re-Design des Prüfstandes ermöglichen, welcher nicht nur regional, sondern ggf. bundesweit die Versorgung mit Unterschenkel-Orthesen verbessern könnte.
Ansprechpartner: Maxim Kirillov und Prof. Dr.-Ing. David Hochmann
Mobile Gang- und Arbeitsprozessanalyse
Die Ganganalyse ist in der heutigen Medizin ein fester Bestandteil der orthopädisch-biomechanischen Leistungs- und Funktionsdiagnostik und in vielen Bereichen unverzichtbar. Mittels der Ganganalyse ist es dem Arzt oder auch Orthopäden möglich komplexe Gangpathologien zu beschreiben. Die Methode gilt, aufgrund ihrer hohen Messgenauigkeit, als Goldstandard in der Bewegungserfassung. Jedoch weist die instrumentelle Ganganalyse neben den zahlreichen Vorteilen, auch bedeutende Nachteile auf. Neben dem hohen zeitlichen Aufwand für die Durchführung einer Messung ist auch die Ortsgebundenheit des Messsystems an ein Ganglabor eine deutliche Einschränkung, wodurch die Ganganalyse nicht für jeden Patienten geeignet ist oder zusätzliche Transportkosten entstehen können. Aufgrund der Ortgebundenheit an ein festes Ganglabor ist die instrumentelle Ganganalyse für kleine und mittelständische Orthopädietechnikbetriebe nicht rentabel und wird daher überwiegend von Forschungsinstituten und Kliniken betrieben, was zu einer Unterversorgung der Patienten führen kann.
Neben dem zeitlichen Aufwand und dem hohen Anschaffungskosten muss zudem der Einfluss des Messsystems auf mögliche Veränderungen des natürlichen Gangbildes des Patienten berücksichtigt werden. Diese Veränderungen können durch die Messsituation im Ganglabor oder den Messaufbau wie beispielsweise den Kraftmessplatten oder der Verkabelung am Patienten hervorgerufen werden, wodurch eine Manipulation der erhobenen Messdaten und Informationen nicht auszuschließen ist.
Die stetige Weiterentwicklung in der Telekommunikations- und Computertechnologie und ihre Verwendung in alltäglichen Utensilien (z.B. Smartphone) ermöglicht heutzutage einen kostengünstigen Zugang zu digitalen Sensoren und elektronischen Bauteilen. Durch eine fundierte Kombination ausgewählter Komponenten ist die Entwicklung eines mobilen Ganganalysesystems möglich, welches in der Lage ist in realer Messumgebung und ortsungebunden die Gang- und Arbeitsprozesse aufzunehmen. Grundlage eines mobilen Systems bilden eigens im Labor für Biomechatronik entwickelte und validierte Inertialsensoren. Der derzeit verwendete Sensor ist der BNO055 von der Bosch Sensortec GmbH. Die Sensoren, welche je aus einem Accelerometer, einem Gyroskop und einem Magnetometer bestehen, können jeweils an die zu messenden Körpersegmente angebracht werden und zeichnen lokal die Beschleunigungen, Winkelgeschwindigkeiten und Orientierungsänderungen auf (siehe Bild).
Ansprechpartner: Maxim Kirillov
Sensorgestütztes Therapiebewertungsverfahren
Durch die Entwicklung eines inertialen, mobilen Ganganalysesystems soll die Möglichkeit geschaffen werden den Therapieerfolg von verschiedenen Rehabilitationsmaßnahmen zu evaluieren. Ein solches System kann beispielsweise Anwendung in der Physiotherapie von Patienten mit Amputationen finden. Durch den Einsatz eines zusätzlichen Systems können Bewegungsdaten von Patienten zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfasst werden. Eine nachfolgende Auswertung ermöglicht einen Vergleich, um auf diese Weise mögliche Veränderungen bei den Bewegungsausführungen automatisiert dokumentieren zu können.
Ein weiteres Anwendungsfeld bietet die Therapie mit dem Exoskelett-System HAL® (Hybrid Assistive Limb). Das Exoskelett wird bei Patienten eingesetzt, die stark in ihren Bewegungsabläufen eingeschränkt sind, wie beispielsweise als Folge einer Rückenmarksverletzung oder eines Schlaganfalles. Das HAL®-System unterscheidet sich insbesondere durch die Ansteuerung der Motoren von anderen Exoskeletten, denn in diesem Fall sind die Gelenke neurologisch gesteuert. Dementsprechend müssen neuromuskuläre Restimpulse in der Beinmuskulatur vorhanden sein, welche von Oberflächenelektroden abgeleitet werden können, sodass anschließend der Unterstützungsgrad der Motoren für die Bewegung der paretischen Extremitäten eingestellt werden kann. In der momentanen Situation hat der betreuende Physiotherapeut lediglich Einblick in die Gangparameter des aktuellen Gangzyklus. Durch den Einsatz eines zusätzlichen mobilen Messsystems kann das Gangbild über die gesamte Therapiedauer dokumentiert werden. Auf diese Weise können qualitative Unterschiede im Gang erfasst und dem Physiotherapeuten Hinweise für eine mögliche Modifikation in der Bewegungsunterstützung durch das HAL®-System gegeben werden.
Ansprechpartnerin: Katharina Schmidt
Abgeschlossene Projekte
SLIM (Stress Logger Inertial Measurement)
Im Rahmen eines Wandelwerk-Projektes wurde ein modulares Messsystem mit einem zentralen Datenlogger entwickelt. An diesen Datenlogger, welcher als Kommunikationskanal zwischen Sensor und PC dient, können verschiedene Sensorarten wie beispielsweise Inertialsensoren, Analog-Digital-Wandler oder Hall-Sensoren angeschlossen werden. Hierdurch wird die Möglichkeit geboten, verschiedenste Fragestellungen aus der Medizin- und Rehabilitationstechnik zu bearbeiten. Es können somit nicht nur die Bewegungsabläufe durch die Inertialsensoren erfasst, sondern gleichzeitig auch mit Hilfe der DMS-Instrumentierung die Belastungen in beispielsweise Medizinprodukten oder Orthesen aufgezeichnet werden.
Neben der Vielseitigkeit in der Aufnahme von verschiedenen Sensorarten, bietet das neue Messsystem zahlreiche weitere Variabilitäten. Ein Gesamtmesssystem kann um eine beliebige Anzahl von Sensoren erweitert werden oder es können zwei Gesamtmesssysteme parallel betrieben werden, welche über einen Synchronisationskanal miteinander verbunden werden können. An diesen Kanal können darüber hinaus auch externe Messsysteme angeschlossen werden, wodurch das System variabel einsetzbar ist. Diese Variation spiegelt sich zudem in den umfangreichen Befestigungsmöglichkeiten für Inertialsensoren und Datenloggern wider. Die Modularität des Systems ermöglicht die Akkulaufzeit des Datenloggers von 90 Minuten durch das Anschließen eines zusätzlichen AkkuPacks auf bis zu 12 Stunden zu erhöhen.
Belastungsanalysen an Orthesengelenken der unteren Extremität
Die Frage nach den Orthesenbelastungen ist von großem Interesse, da die Tauglichkeit von Orthesen der unteren Extremität und die Akzeptanz des Patienten mit der Gewichtsreduktion des Hilfsmittels steigen. Eine nutzergerechte Gestaltung von Orthesen im Sinne von Gewichtsreduktion bei gleichbleibender Funktionalität und akzeptablen Abmessungen, setzt die Kenntnis der auf die Komponenten wirkenden mechanischen Lasten voraus. Diese Lasten sind nicht mit Hilfe ganganalytischer Untersuchungen, sondern nur durch eine direkte Instrumentierung der Orthesenkomponenten messbar.
Hierzu wurde eine Methodik entwickelt, die bei bestehenden Komponenten eine anforderungsgerechte Modifikation oder bei Neukonstruktionen eine Verformungskörper-Dimensionierung ermöglicht. Auf Grundlage iterativer Konzipierungen, Berechnungen und FEM-Simulationen lassen sich die Verformungsgrundkörper optimal gestalten. Nach der Feststellung der optimalen Grundform, werden die Verformungskörper hergestellt und durch die Instrumentierung mittels Dehnungsmessstreifen (DMS) zum Sensor. Die abschließende Kalibrierung (Verformungsmessung bei definiertem Vorgabemoment), lässt die Validierung der FEM-Simulationen zu und kann als Grundlage für die Risikobewertung genutzt werden. Das instrumentierte Orthesengelenk steht nun für Messungen am Patienten bereit.
In Kombination mit der instrumentellen Ganganalyse lassen sich die über inverse Dynamik berechneten externen Momente und die realen Orthesenbelastungen differenzieren (Abb.). In der instrumentellen Ganganalyse können unter der Voraussetzung, dass die Kraftmessplatten korrekt getroffen werden und kein Kraftnebenfluss durch die Nutzung von Gehhilfen auftritt, lediglich für einen Doppelschritt Kinematik- und Kinetikdaten erfasst werden. Die instrumentierten Orthesengelenke hingegen erfassen für jeden Schritt die auf die Orthesengelenke wirkenden Momente auch außerhalb der Laborumgebung.
Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. David Hochmann
Entwicklung eines Gurtsensors
Bei dem im Labor für Biomechatronik entwickelten Gurtsensor wird der Gurt so durch den Sensor geführt, dass die Zugkraft des Gurtes in die Biegung von zwei Verformungskörper umgewandelt wird (Abb. 1). Die Biegung wird dann mit Hilfe von jeweils einer DMS-Vollbrückenschaltung erfasst. In der optimierten Version des Gurtsensors ist zudem ein Mikrochip mit einprogrammierter Kalibrierkennlinie verbaut, sodass die digitalisierten Messdaten direkt über ein Bussystem eingelesen und weiterverarbeitet werden können.
Die grundlegende Funktion des Gurtsensors für die Messungen an Orthesen muss mehreren Anforderungen genügen, unter anderem:
- Gewährleistung eines Kraftflusses ausschließlich über den Sensor, ohne dabei den Gurt zerschneiden zu müssen,
- Adaptierbarkeit an verschiedene Breiten, Dicken und Elastizitäten der Gurte,
- Einfaches und schnelles Anbringen ohne Spezialwerkzeug,
- Keine Beeinflussung der biomechanischen Funktion der Orthese.
Ansprechpartner: Maxim Kirillov
Entwicklung eines Knieprüfstands zur Funktionsbewertung von Knieorthesen und -bandagen
Der im Labor für Biomechatronik der Fachhochschule Münster entwickelte Prüfstand dient der indikationsbezogenen Bewertung von Knieorthesen und Kniebandagen hinsichtlich ihrer Stabilisierungswirkung unter realitätsnahen Bedingungen. Das Prüfkonzept sieht das Aufbringen von klinisch relevanten einachsigen Belastungen (A/P-Translation, Innen-/Außenrotation, Varus/Valgus) durch separate Schrittmotoren vor. Die Stabilisierungswirkung der Orthese wird mit Hilfe einer integrierten Kraftmessdose erfasst und in Form von Kraft-Weg- bzw. Moment-Winkel-Kennlinien dargestellt. Die Vorteile liegen dabei, verglichen mit früheren Prüfkonzepten [1], in der höheren Empfindlichkeit, dem besseren Signal-Rausch-Verhältnis und der höheren Anwenderfreundlichkeit.
Die Modellierung der Wechselwirkungen zwischen Bein und Orthese wurde durch ein anthropomorphes Beinphantom mit vier pneumatisch geregelten Muskelgruppen realisiert. Das Weichgewebe ist dabei durch ein Gelpolymer mit geeigneter Compliance nachgebildet, die Modellierung der Reibungseigenschaften der menschlichen Haut wird durch die Verwendung eines geeigneten Kunststoffüberzugs erreicht. Die Realisierung konstanter und definierter Prüfbedingungen erfolgt durch messtechnische Kontrolle der Gurtkräfte mit speziell entwickelten Gurtsensoren. Im Rahmen einer Validierungsuntersuchung des Knieorthesen-Prüfstandes konnten erste Aussagen über die Wiederholbarkeit der Messergebnisse gewonnen und eine optimierte Prüfvorschrift erstellt werden.
[1] Hochmann, David (2012). Prüf-und Bewertungsmethoden für Knieorthesen (Vol. 1). Walter de Gruyter.
Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. David Hochmann
Entwicklung eines Prüfstands zur Funktionsbewertung von Sprunggelenkorthesen und -bandagen
Funktion und Aufbau:
Zur Quantifizierung der Stabilisierungseigenschaften von Sprunggelenkorthesen und -bandagen wurde im Labor für Biomechatronik der FH Münster ein Sprunggelenkprüfstand nach der Methodik der VDI 5703 entwickelt und validiert. Das Prüfkonzept sieht das Aufbringen isolierter, klinisch relevanter einachsiger Belastungen (Plantarflexion und Dorsalextension, Pronation und Supination, Innenrotation und Außenrotation) unter realitätsnahen Bedingungen vor.
Die Stabilisierungswirkung der Orthese wird mit Hilfe einer integrierten Kraftmessdose oberhalb der Beinphantoms erfasst und in Form von Moment-Winkel-Kennlinien dargestellt. Eine Umrechnung der Momente auf das simulierte Sprunggelenk dient der Vergleichbarkeitmit bereits publizierten Prüfmethoden (Cappa 2003, Bregman 2009).
Auf die Nachbildung der komplexen Kinematik des menschlichen Sprunggelenks wurde auf Grund der Reproduzierbarkeit des Prüfverfahrens verzichtet. Eine Approximation des menschlichen Sprunggelenks erfolgt als Kugelgelenk. Die dabei entstehendenen Reibungsverluste werden durch eine Nullfahrt rechnerisch kompensiert. Die Weichteilabdeckung und die Haut des Unterschenkelphantoms wurden den Reibungseigenschaften und der Compliance des kontrahierten menschlichen Unterschenkels nachempfunden.
Die Charakterisierung des Sprunggelenkprüfstands zeigte, dass die Art und die Beschaffenheit der Orthesenfixierung einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Messergebnisse haben. Aufgrund der hohen Variation an Sprunggelenkorthesen und -bandagen bedarf es daher an unterschiedlichen Fixierungsmöglichkeiten in Bezug auf Hauptwirkungsrichtung des Hilfsmittels.
Anthropometrisches Beinphantom:
Anthropometrisches Beinphantom zur Prüfung und Bewertung von Sprunggelenkorthesen und -bandagen.
Merkmale:
- Realitätsnahe Nachbildung kontrahierter und nicht kontrahierter Muskelgruppen und der knöcherneden Struktur der Tibia (1)
- Erhöhung der Reproduzierbarkeit durch vereinfachte Nachbildung der muskulären und knöcherneden Struktur des Sprungelenks (2)(3)
- Realitätsnahe Nachbildung der Haftreibungsegenschaften der Haut
- Kugelgelenk als Ersatz für das obere und untere Sprunggelenk (4)
- Vereinfachte Nachbildung des menschlichen Fußes durch Verwendung eines handelsüblichen Prothesenfußes (5)
Ansprechpartner: Maxim Kirillov