Christian Köder lebt ohne tierische Produkte

Der Januar steht für viele Menschen für das Einhalten guter Vorsätze. Einer davon ist der Verzicht auf tierische Produkte: Sich im Januar vegan zu ernähren, wird weithin als „Veganuary“ bezeichnet. Christian Köder, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Oecotrophologie · Facility Management, ernährt sich vegan, seit er 18 Jahre alt ist. Mit dieser Ernährungsform befasst er sich auch in der Lehre. Was sind seine persönlichen Motive und was sagen Studien zu veganer Ernährung aus? Dazu äußert sich Christian Köder im Interview. 

1,13 Millionen Menschen in Deutschland bezeichnen sich selbst als Veganer*innen, wie eine Allensbach-Erhebung für 2020 ergeben hat. Einer davon sind Sie.

Christian Köder: Bei solchen Zahlen ist es immer interessant darauf hinzuweisen, dass die Zahl der Leute, die sagen, sie ernährten sich vegan, im Allgemeinen größer ist als die Zahl der Leute, die bei der Frage Wie oft essen Sie Fleisch/Fisch/Eier/Milchprodukte?“ überall nie“ ankreuzen. Diese Veganer*innen“ enthalten also wahrscheinlich auch Teilzeit-Veganer*innen“, vermute ich.

Warum sind Sie Veganer geworden?

Es gab eigentlich keinen konkreten Auslöser. Der Tierrechtsphilosoph Tom Regan hat es einmal für Vegetarier beschrieben: Bei vielen gibt es ein richtig markantes Schlüsselerlebnis, aber bei anderen passiert es eher irgendwie. Und es gibt natürlich auch Leute, die wachsen schon vegetarisch auf.

Ich wurde zunächst Vegetarier, als ich ungefähr 16 war, weil ich den Gedanken hatte, dass Tiere zu schlachten nicht notwendig und deshalb nicht moralisch akzeptabel ist. Wie die meisten dachte ich damals, dass für Milchprodukte und Eier keine Tiere geschlachtet, sondern nur gehalten“ werden. Aber wenn man sich den ganzen Prozess ansieht, werden diese Tiere am Ende auch geschlachtet. Bei mir war es also ganz konkret der Aspekt, dass Tiere getötet werden.

Wie stehen vegane Ernährung und Nachhaltigkeit zueinander?

Das ist ein enorm komplexes Thema. Man müsste erst einmal Nachhaltigkeit definieren. Aber um einige Aspekte dennoch anzusprechen: Im Allgemeinen entstehen für vegane Ernährung deutlich weniger CO2-Emissionen. Das Verfüttern von Soja und Getreide an Nutztiere hat schwerwiegende Auswirkungen in verschiedenen Bereichen. Und die Regenwaldabholzung, die damit in Zusammenhang steht, sowie die Massentierhaltung an sich und auch der Antibiotikaeinsatz haben alle ein hohes Gefahrenpotenzial in Bezug auf neue Pandemien.

Natürlich ist nicht alles, was vegan ist, umweltfreundlich. Es ist ja auch nicht alles, was vegan ist, automatisch gesund – wie zum Beispiel Cola, Pommes und vegane Donuts.

Bestimmte Nährstoffe sind durchaus kritisch. Was weiß man dazu aus Studien?

Ich finde, man sollte immer in beide Richtungen fragen, das heißt nach Vor- und Nachteilen. Man sollte auch verstehen, dass für viele und wohl die meisten Veganer*innen vegane Ernährung keine Wunderdiät ist. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, kurz DGE, macht zum Beispiel die Aussage, dass sie eine vegane Ernährung nicht empfiehlt. Aber das ist ja nicht die gleiche Aussage wie, dass die DGE empfiehlt, sich nicht vegan zu ernähren.

Aus Studien weiß man schon seit den 1950er-Jahren, dass Veganer*innen Vitamin B12 supplementieren sollten. Aus Studien ist auch bekannt, dass es andere kritische Nährstoffe geben kann, besonders Kalzium, Vitamin D und Jod. Es gibt vegane Quellen, aber auf die muss man achten. Unbekannt ist, ob langkettige Omega-3-Fettsäuren in Form von Mikroalgenöl, das vegane Äquivalent zu Fischöl, irgendwelche positiven oder negativen Effekte für Veganer*innen haben. Veganer*innen sind dagegen meistens besser versorgt mit bestimmten anderen Mikronährstoffen wie zum Beispiel Kalium, Magnesium, Vitamin C und Folat.

Die Studienlage zeigt noch nicht so viel, aber sie deutet darauf hin, dass vegane Ernährung im Allgemeinen das Krebsrisiko senken könnte. Das ist natürlich nicht hundertprozentig sicher, aber interessant, weil die Studienlage zur Ernährung allgemein und Krebsprävention bisher relativ enttäuschend ist. Überraschenderweise zeigt die Studienlage kein eindeutig niedrigeres Risiko für Herzinfarkt. Das könnte zum Teil auch an einer Unterversorgung vieler veganer Studienteilnehmer*innen mit Vitamin B12 und vielleicht auch Vitamin D liegen. Es könnte auch an ganz anderen, eventuell ernährungsunabhängigen Faktoren liegen. Besonders Diabetes scheint bei Veganer*innen weniger oft vorzukommen. Aber wie gesagt, es ist nicht alles gesund, was vegan ist.

In den Supermarktregalen finden wir einige Produkte, die als vegan deklariert werden, obwohl man darin ohnehin keine tierischen Bestandteile vermuten würde. Was hat es mit dieser Kennzeichnung auf sich?

Zum einen gibt es Lebensmittel, wie Apfelsaft oder Wein, bei denen man denken würde, sie sind doch automatisch rein vegan. Sie müssen es aber genau genommen nicht sein. Der Grund ist, dass zur Klärung dieser Getränke manchmal Gelatine verwendet wird. Diese Gelatine ist dann aber nicht mehr im Getränk enthalten. Da ist man schnell bei der Erkenntnis angekommen, dass die Grenze zwischen 99,5 Prozent und 100 Prozent vegan eine Grauzone ist – und jede*r Veganer*in entscheidet selbst, wie sie oder er mit dieser Grauzone umgeht.

Tierische Bestandteile können sich fast überall finden, zum Beispiel im Kleber der Etiketten von Bierflaschen oder in Fahrradschläuchen. Niemand kann das also hundertprozentig umsetzen und das wäre, finde ich, auch nicht sinnvoll, sondern Zeitverschwendung. Aber viele Veganer*innen bevorzugen Alternativen, auf denen explizit vegan steht. Interessanterweise scheint ein solches Logo aber auch bei vielen Nicht-Veganer*innen als positiv wahrgenommen zu werden.

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Weitere Informationen und die Möglichkeit zum Widerruf finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Seite drucken