Auf der Suche nach Leben im All

Nach 21-jähriger Bauzeit geht es voraussichtlich noch in diesem Jahr los: Das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) soll vom Weltraumbahnhof in Französisch-Guyana aus in seine Umlaufbahn gebracht werden und in den kommenden Jahren Untersuchungen im Weltraum vornehmen. Eine der Aufgaben: zu prüfen, ob auf ausgewählten Planeten Leben möglich ist. Prof. Dr. Thomas Jüstel, Dekan des Fachbereichs Chemieingenieurwesen, ordnet die Mission aus Sicht der Chemie ein.

Professor Jüstel, welche Aufgaben hat das Weltraumteleskop?

Prof. Dr. Thomas Jüstel: Die geplante Mission ist ein gemeinsames Projekt der Weltraumagenturen NASA, ESA und CSA. Mit 21 Jahren hat das JWST die längste Entwicklungszeit aller Weltraumteleskope, die bisher ins All geschickt wurden. Eine der vielen Aufgaben ist die Suche nach Leben im All.

Was genau verstehen Sie in diesem Zusammenhang unter „Leben“?

Selbstverständlich sucht das Teleskop nicht nach Leben im landläufigen Sinne, sondern nach sogenannten „Biomarkern“. Das sind Moleküle, die Hinweise auf Leben geben könnten, zum Beispiel Wasser, Sauerstoff, Ozon und Methan. Insbesondere molekularer Sauerstoff (O2) und Ozon (O3) sind geeignete Biomarker, denn auf der Erde wird Sauerstoff und in Folge Ozon im Wesentlichen von Lebewesen produziert. „Leben“ in diesem Sinne umfasst dabei auch Bakterien und andere Mikroorganismen.

Wo wird das Teleskop im Einsatz sein?

Das JWST sucht nur in unserer direkten kosmischen Nachbarschaft, also in der näheren Umgebung des Sonnensystems innerhalb der Milchstraße. Bisher sind knapp 5.000 Exoplaneten, also Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, nachgewiesen worden. Einige Dutzend davon sind potenziell für Leben geeignet.

Wie genau funktioniert das Teleskop?

Bei diesem Teleskop handelt es sich um ein Weltraumteleskop, das sichtbares rotes Licht und Infrarotstrahlung detektiert. Es steht damit technisch in direkter Nachfolge des Infrarot-Weltraumteleskops „Spitzer“ und nicht etwa des viel bekannteren Teleskops „Hubble“.
Indem das JWST im Infrarotbereich arbeitet, kann es Infrarotstrahlung auch in entfernteren Regionen der Milchstraße sichtbar machen, da Infrarotstrahlung interstellare Gaswolken besser als sichtbares Licht durchdringt. Zudem erzeugen Moleküle charakteristische Absorptionsmuster im Infrarotbereich, mit denen sich Moleküle eindeutig nachweisen und manchmal auch die Konzentrationen bestimmen lassen. Auch die oben genannten Moleküle Ozon und Methan erzeugen eindeutige „Fingerabdrücke“ im Infrarotbereich. Sollte das Teleskop eine oder sogar beide Verbindungen finden, ist das ein deutlicher Hinweis darauf, dass Leben auf diesem Planeten möglich wäre.

Was ist darüber hinaus an dieser Mission besonders?

Eine Besonderheit dieser Mission ist, dass sich das Teleskop während des gesamten Zeitraumes, der mindestens fünf und höchstens zehn Jahre umfasst, an einem bestimmten Punkt hinter der Erde befindet: dem sogenannten Lagrange-Punkt L2. Dieser liegt etwa 1,5 Millionen Kilometer entfernt auf der sonnenabgewandten Seite der Erde. Die Erde steht also quasi zwischen dem Teleskop und der Sonne. An dieser Position kann Sonnenstrahlung die Instrumente und deren Funktion nur wenig beeinträchtigen.

Welche Verbindungen gibt es zwischen der Mission und dem Studium des Chemieingenieurwesens an der FH Münster?

Erstens arbeiten die Studierenden ebenfalls mit der Infrarotspektroskopie. Damit werden im Labor (an)organische oder biochemische Verbindungen nachgewiesen oder sogar strukturell charakterisiert. Mit anderen Worten: Die Infrarot-Spektroskopie gehört zu den Standardmethoden im chemischen Labor. Zweitens werden in der Instrumentellen Analytik moderne analytische Methoden weiterentwickelt, die dann auch bei Weltraummissionen, wie hier beim JWST zum Einsatz kommen können.

Schließlich bedeutet die Suche nach Leben nichts anders als die Suche nach chemischen Verbindungen in einer bestimmten Umgebung beziehungsweise in einer Planetenatmosphäre. Oder, um es anders zu sagen: Die Suche nach Leben erfordert allerlei Kompetenzen in der Chemie, der Biochemie und der Instrumentellen Analytik.

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Weitere Informationen und die Möglichkeit zum Widerruf finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Seite drucken