Zufrieden im Büro der Zukunft: Mit dem Kicker ist es nicht getan

Unsere Arbeitswelt verändert sich – und das schon vor der Pandemie. Mit Corona hat dieser Wandel einen großen Schub gemacht in Richtung Digitalisierung und mehr Homeoffice. Prof. Dr. Torben Bernhold vom Fachbereich Oecotrophologie – Facility Management und Prof. Dr. Carsten Feldmann vom Fachbereich Wirtschaft sind überzeugt: Die Reise geht noch weiter, und zwar ins Büro der Zukunft. Wie das aussieht, erklären die beiden im Interview.

Studien belegen, dass Arbeitnehmer*innen produktiver sind, wenn sie sich in ihrem Umfeld – also auch in ihrer Büroumgebung – wohlfühlen. Müssen wir unsere Büros in Zukunft anders gestalten?

Bernhold: Ja, wir müssen das Thema Arbeitsplatz neu denken. In einem Büro wird es zukünftig nicht mehr den einen festen Arbeitsplatz mit eigenem Namensschild an der Tür geben – die sogenannten Zellenbüros. Stattdessen haben wir zonenbasierte Büros: Für jede Aufgabe des Tages gibt es im Gebäude eine Zone, die genau auf diese Tätigkeit zugeschnitten ist. Das soll ein Arbeitsumfeld schaffen, in denen die Mitarbeitenden zufrieden sind.

 

Wie sieht dieses Büro der Zukunft mit seinen unterschiedlichen Zonen aus?

Bernhold: Es sind keine klassischen Großraumbüros, an die man jetzt vielleicht denkt. Ich erkläre es an einem Beispieltag: Für jede Art von Arbeit brauchen Sie bestimmte Gegebenheiten – Stichwort tätigkeitsorientierte Arbeitsumgebung. Morgens steht ein Meeting mit dem Team an, da sind Sie kreativ und bringen Ihr Projekt voran. Dafür gibt es den Kreativraum mit Beamer, Flipchart und Co., alles ist begrünt und irgendwie beschreibbar – der Tisch, die Wände, der Fußboden. Danach müssen Sie in Ruhe telefonieren. Die sogenannten Phone-Boxen sehen sehr modern aus. Sie können sich allein oder zu zweit reinstellen und sind akustisch von der Außenwelt abgeschirmt. Das gibt es übrigens auch für Besprechungsräume, sogar mit eigener Raumlufttechnik. Vielleicht haben Sie solche Boxen schon mal am Flughafen gesehen. Für den spontanen Austausch gehen Sie danach in die Teeküche – die besten Partys finden ja bekanntlich immer in der Küche statt. Am Nachmittag brauchen Sie noch Input zu Ihrem Projekt. Sie holen sich in der Bibliothek Literatur und gehen in die Fokuszone. Hier sind Sie ungestört, können lesen und schreiben, die Akustik und die Beleuchtung stimmen genau.

 

Für wen ist das Büro der Zukunft gedacht?

Feldmann: Es ist für etwa 50 bis 60 Prozent der Arbeitnehmer*innen in Deutschland sinnvoll. Wir beziehen uns auf sogenannte Wissensarbeit in typischen Bürotätigkeiten. Für beispielsweise Pilot*innen, Pflegepersonal oder Ärzt*innen wäre kein Zonenbüro möglich.

 

Während der Pandemie haben viele Arbeitnehmer*innen von zu Hause gearbeitet. Brauchen wir überhaupt noch Büros?

Bernhold: Ja, die brauchen wir. Das Homeoffice ist ein zusätzlicher Arbeitsplatz. Arbeitnehmer*innen sollten die Freiheit haben, zu sagen: Heute fahre ich nicht ins Büro, denn meine anstehenden Aufgaben kann ich an diesem Tag gut von zu Hause erledigen.

Feldmann: Zu Hause zu bleiben hat natürlich gute Gründe – beispielsweise, das Familienleben und die Arbeit zeitlich besser in Einklang zu bringen. Doch viele Leute haben gar nicht so viel Lust auf Homeoffice, wie man denkt. Der Austausch fehlt, die Kinder spielen am Arbeitsplatz, es gibt keinen ergonomischen Schreibtisch. Zonenbüros sollen optimale Bedingungen schaffen.

 

Wenn Arbeitgeber*innen nicht gleich alles umbauen möchten und schnell etwas verändern wollen. Was könnte das sein?

Bernhold: Es geht nicht ganz ohne Umbauten. Denn es ist nicht nur der Kicker. Was ich damit meine ist: Früher haben Arbeitgeber*innen sich gedacht, ich erschaffe eine Art hippe neue Arbeitsumgebung, da kommt ein Kicker und ein Kühlschrank mit Feierabendbier rein und dann ist eigentlich alles gut.

 

Also lieber ganz oder gar nicht. Was sind die ersten Schritte für Arbeitgeber*innen, wenn sie die Räume in Richtung Büro der Zukunft umgestalten möchten?

Feldmann: Sie müssen die Mitarbeitenden mit auf die Reise nehmen. Für sie ist es ein großer Prozess, keinen eigenen Büroraum mehr zu haben. Viele haben ein wenig Angst davor. Am Anfang steht zu fragen: Was möchtet ihr eigentlich haben? Und wie zufrieden seid ihr derzeit? Bevor man dann mit der Architektur anfängt, ist eine Ist-Analyse wichtig. Welche Fläche habe ich, welche Tätigkeiten? Macht der Wandel für mein Unternehmen Sinn? Dann gibt es genug Beratungsangebot am Markt, was die Architektur und Möblierung angeht.

 

Gibt es bereits Zonenbüros oder ist das noch Zukunftsmusik?

Bernhold: Die gibt es bereits. Viele neugebaute Firmengebäude sind schon auf diese Struktur ausgelegt – besonders in großen Firmen. Doch man sagt so schön: Deutschland ist gebaut. Daher ist es eine spannende Aufgabe für die Zukunft, diesen Wandel auch für bestehende Gebäude einzuleiten.

 

Wo geht die Reise der Arbeitswelt sonst noch hin?

Bernhold: Manches davon mag jetzt noch wie Science-Fiction klingen, aber in zehn Jahren wird das ein oder andere Realität sein. Ein Beispiel: Wenn Sie an einem Projekt über verschiedene Firmenstandorte verteilt arbeiten, könnten sie Ihre Virtual-Reality-Brille aufsetzen und sitzen mit den Kolleg*innen aus den USA gemeinsam in einem virtuellen Raum. Ein Avatar – eine künstliche Figur – vertritt Sie darin. Denn am kreativsten arbeiten Sie, wenn Sie sich persönlich treffen.

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