Aus der Industrie an die Schule

Sieben Jahre lang arbeitete Manuel Bracker als Produktmanager für Halbleiterlaser und Medizintechnik im Münsterland. Dann sattelte der 37-Jährige um – und wird nun Lehrer am Berufskolleg für Technik in Ahaus. Dort absolviert er momentan sein Referendariat.

Der Weg dorthin führte ihn über das berufsbegleitende Masterstudium Lehramt an Berufskollegs mit der Fachrichtung Elektrotechnik, einem kooperativen Studiengang  unserer Hochschule und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). Anfang des Jahres schloss er es ab, als erster Absolvent in Münster. Direkt im Anschluss begann er sein Referendariat beim Berufskolleg für Technik in Ahaus. Dann kam Corona, und der Ingenieur stellte auf Online-Lehre um.

„Das funktioniert ziemlich gut“, sagt er. Über diverse Online-Tools hält er Kontakt zu seinen Schülerinnen und Schülern, die zum Beispiel eine duale Ausbildung in den Bereichen Mechatronik oder Elektronik absolvieren. „Aufgaben korrigiere ich online, Fragen stellen mir meine Schülerinnen und Schüler via Chat, und ich lade Lernvideos hoch.“ Wie er all das am besten handhabt, war auch Thema im Studium. „In der Fachdidaktik ging es zum Beispiel um die Nutzung von virtuellen Whiteboards.“ Überhaupt habe ihn das Studium auf seine Lehrertätigkeit sehr gut vorbereitet, auch wenn es am Anfang ein regelrechter Sprung ins kalte Wasser war. „An einem Freitag hatte ich meinen letzten Arbeitstag als Ingenieur, am Mittwoch stand ich zum ersten Mal vor meiner Schulklasse“, erinnert sich der Quereinsteiger. Denn das Studium ist so aufgebaut, dass er an zwei Tagen Theorie lernt – vor allem Bildungswissenschaften beziehungsweise Berufspädagogik – und an drei Tagen als Lehrer arbeitet. Dieses Modell gibt es seit dem Wintersemester 2017/2018 auch in Münster. Das Ziel: ingenieurwissenschaftliche Fachleute für das Lehramt an berufsbildenden Schulen zu gewinnen.

Lehrer zu werden, damit hatte Bracker schon länger geliebäugelt. „Zum einen hat mich mein Arbeitsinhalt nicht mehr so erfüllt, zum anderen haben sich meine Prioritäten verschoben.“ Also nahm er seinen Resturlaub, verbrachte einen langen Urlaub mit seiner Frau – ebenfalls Lehrerin – und startete mit dem Studium. Einzige Hürde: Er musste selbst eine Schule finden, die ihn als volle Lehrkraft einstellt, obwohl er während des Ausbildungsphase nur drei Tage pro Woche unterrichtet. Er hatte Glück, denn beim Berufskolleg für Technik in Ahaus war er herzlich willkommen. „Darüber habe ich mich riesig gefreut, denn selbstverständlich ist das sicher nicht. Ich bin meiner Schulleitung sehr dankbar, dass sie mir damals diese Chance gegeben hat“, sagt Bracker. Prof. Dr. Julia Kastrup, Leiterin der Lehreinheit Institut für Berufliche Lehrerausbildung (IBL) des Münster Centrums für Interdisziplinarität (MCI), beobachtet dieses Phänomen öfter. „Weil Lehrkräfte in den gewerblich-technischen Fachrichtungen fehlen, stellen die Schulen gern auch Quereinsteigerinnen und -einsteiger ein. Unser berufsbegleitender Master ist für Ingenieurinnen und Ingenieure ein attraktiver Seiteneinstieg“, so die Hochschullehrerin.

Von Mitte Mai bis zum Start der Ferien hat Bracker dank eines provisorischen Stundenplans wieder in Präsenz unterrichtet. „Die Situation ist natürlich besonders, die Hygienebestimmungen außergewöhnlich. Aber ich freue mich, meine Schülerinnen und Schüler endlich persönlich wiederzusehen.“ Dass ihm die Coronakrise beruflich wenig anhaben kann, sei auch seinem neuen Lehrerjob zu verdanken. „Durch das Studium bin ich an der Schule festangestellt und habe sogar Aussicht auf Verbeamtung. Das ist für mich sehr attraktiv, gerade jetzt in Zeiten von Corona.“ Knapp drei Jahre ist es her, dass Bracker den Dienstwagen gegen die Schultasche getauscht hat. „Bereut habe ich meine Entscheidung bisher nicht einen einzigen Tag.“

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