Neue Formen der Öffentlichkeit - Impulse für ein gemeinschaftliches und hybrides Wohnen

Katharina Hollberg und Anton Leibham wurden für ihre Masterthesis Neue Formen der Öffentlichkeit unter der Betreuung von Prof. Dipl.-Ing. Joachim Schultz-Granberg gleich zwei mal gekürt. Zusätzlich zum Hochschulpreis würdigt der Bernard-Rincklake-Preis ihre Arbeit als Spitzenleistung des Absolventenjahrgangs 2019.

Unter dem Motto fünf Wochen, zehn Städte, sieben Länder, weit über 5 000 Kilometer Zugstrecke und 500 Kilometer Fußweg machten sich Katharina und Anton auf die Reise, um sich 250 altbewährte, gründerzeitliche aber auch moderne und zeitgenössische Wohnungsbauprojekte anzuschauen. Sie hinterfragten gefestigte Gedankenstrukturen und sammelten neue Eindrücke aus den mitteleuropäischen Kulturkreisen zum Thema Wohnungsbau in Europa.

Der Ausgangspunkt ihrer Masterthesis widmet sich der Stadt als Lebensraum der Zukunft. Wie können Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen und Hintergründen dort nachhaltig, selbstbestimmt und gemeinschaftlich zusammenleben ohne dabei die Bedürfnisse des Einzelnen zu vernachlässigen und welche Rolle nimmt das gebaute Umfeld in dieser komplexen Realität ein?

Mit dieser Frage gehen sie über in eine soziologische Betrachtungsweise und beschäftigen sich mit der Frage, wie sich heutige parallel existierende Gemeinschaften physische sowie soziale Grenzen der Gemeinschaft und Schnittstellen zur Stadtgesellschaft und Öffentlichkeit organisieren sollten ohne dabei exklusiv zu wirken.

In ihrer Recherche wurde ihnen ein grundlegendes Problem der aktuellen Architektur und Stadtplanung klar: Es herrscht eine Unklarheit darüber, was heute überhaupt als öffentlich und was als privat bezeichnet werden kann, da die Begriffe keine anthropologischen Grundkonstanten sind, sondern historisch entstandene Begriffe, die einem gesellschaftlichen und technologischen Wandel unterliegen.

"Räume dürfen dabei nicht als absolutes Gebilde begriffen werden, sondern als Sozialräume, die von den Akteur*innen immer wieder verändert und neu verhandelt werden. Während sich erneut eine Bewegung zur städtischen Architektur hin abzeichnet, erscheint ein Rückblick auf eine vom Gebrauch gezeichnete Stadtstruktur umso notwendiger, als er uns vor Augen führen kann, wie sich die Architektur allmählich von der Lebensweise der Menschen in der Stadt getrennt hat und wie man diese Verbindung wiederbeleben kann." -Katharina Hollberg und Anton Leibham

Nach einer sehr präzisen, ausgiebigen, theoretischen und grafisch erfassten sozialwissenschaftlichen und städtebaulichen Ausarbeitung der Referenzprojekte fokussieren sich die beiden in ihrem Entwurf auf eine Typisierung von verschiedenen Arten von Gemeinschaftsflächen als auch Schwellen- und Interaktionsräumen, die eine Antwort auf diverse soziale Fragen einer Stadtgesellschaft versprechen und somit auch architektonische Lösungsvorschläge für verschiedene soziale Bedürfnisse beleuchten.

TEKTONIK DER PLATTE - Transformation als Chance


Der Hochschulpreis 2019 kürte auch die Bachelorarbeit von Martti Lehmann unter Betreuung von Prof. Dipl.-Ing. Michael Schanné. Unter dem Titel TEKTONIK DER PLATTE - Transformation als Chance setzt sich Martti Lehmann mit dem sozialen- und industriellen Wohnungsbau der letzten Jahrzehnte auseinander, mit dem Ziel der Transformation eines "Plattenbaus" am Berliner Ostbahnhof, durch Übersetzung der Typologie in die heutige Zeit.
In der Vertiefung seiner Bachelorarbeit analysiert Martti prägnante Siedlungen der BRD und DDR nach soziologischen, konstruktiven und städtebaulichen Gesichtspunkten, um anschließend Strategien für eine Transformation vorhandener Strukturen und Systeme zu entwickeln und auf den Typus Plattenbau anzuwenden.
Aus seiner theoretischen Auseinandersetzung stellt sich heraus, dass das Potenzial einer Transformation bestehender Plattenbauten enorm ist.

"Bedingt durch ihre einfache Konstruktionsweise und Variabilität in der Grundrissgestaltung stellen sie eine gute Basis für Weiterentwicklungen im städtischen Wohnen dar. Ziel des Entwurfs soll nicht sein, die äußere Erscheinung des Baukörpers zu verschleiern, eher geht es darum im Inneren Verborgenes ans Tageslicht zu befördern. Die tragende Struktur des Baukörpers wird konsequent nach Außen geholt und spannt dadurch eine den Baukörper umfassende Hülle auf, die beide Teile des Gebäudes miteinander verbindet." -Martti Lehmann

Um den fehlenden Orten der Gemeinschaft der im sozialistisch geprägten Bauwesen der DDR entwickelten Wohnhochhäuser konzeptionell entgegen zu wirken, findet eine Umstrukturierung eines Wohnhochhauses in Friedrichshain, Berlin statt. Neue Gemeinschaftsflächen, alternative Wohnmodelle mit barrierefreier Gestaltung und Gemeinschaftsgeschosse, die zwischen den Regelgeschossen liegen strukturieren die Grundrisse neu. Einen großen Wert legt er dabei die effiziente Nutzung der vorhandenen Fläche und erweitert diese beispielsweise mit vorgelagerten Balkonen in den Regelgeschossen.
Die Fassadenstruktur wurde im Zuge der Transformation hochwertig durch den Einsatz von gebrannte und lasierte Tonfliesen in Großtafel- und Betonfertigelementen ersetzt.
Durch die Neustrukturierung der Wohnungen steigt die Attraktivität für Junge Paare, Studenten oder Rentner, die in Berlin auf der Suche nach knapp gewordenem, bezahlbarem Wohnraum sind. Zudem belebt die neue zugänglich und offen gestaltete Erdgeschosszone mit Einzelhandel und Gastronomieflächen den Stadtraum.

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