Beton und Stahlbeton stellen wohl den dominierenden Baustoff des vergangenen Jahrhunderts dar und sind es auch heute noch. Der Verbrauch an Beton wird nur noch durch den Verbrauch an Trinkwasser übertroffen [1].


Im Rahmen der Betonproduktion in den verschiedenen Produktionssegmenten ist die Entstehung von „Übermengen" an Frischbeton, sowie einer gewissen Ausschussmenge an Festbetonprodukten unvermeidbar. So fallen alleine bei unserem Kooperationspartner Firma REKERS an dem Produktionsstandort in Spelle jährlich rd. 26.000 Tonnen (50 % des Gesamtvorkommens bei REKERS), an reinem, hochwertigen Betonbruch an, welcher heute fast ausschließlich für technisch weitgehend ungeregelte Anwendungen eingesetzt wird, wie z.B. als Verfüllmaterial im Erd-, Tief- und Straßenbau. Das in diesem hochwertigen Restbeton liegende Potential zur Herstellung neuer Frischbetone wird nur zum Teil und in sehr geringem Umfang genutzt. Eine Möglichkeit Betonbruch zu nutzen, ist ihn als Ersatz der herkömmlichen Gesteinskörnung im Frischbeton zu verwenden. Dies geschieht bereits bei den sogenannten recyclierten Betonen, in Deutschland allerdings in sehr geringem Umfang. Während in Ländern wie der Niederlande oder der Schweiz Betone mit recycliertem Zuschlag sogar vorgeschrieben sind, dürfen in Deutschland maximal 40 M.-% der eingesetzten Gesteinskörnung durch Recyclate ersetzt werden, was selten angewendet wird [2]. Die Fein- und Feinstfraktionen, die bei den Aufbereitungsprozessen zur Verwendung in den vorgenannten Einsatzgebieten anfallen, müssen immer noch einer Entsorgung zugeführt werden. Die bisherigen Einsatzgebiete nutzen somit nicht den gesamten Betonbruch.

Es besteht im Hinblick auf den hohen ursprünglichen Einsatz an grauer Energie zur Herstellung von Beton dringender Handlungsbedarf hinsichtlich der nachhaltigen Verwertung. Ziel muss es sein, den hohen Anteil an „gespeicherter" grauer Energie im Betonbruch möglichst ganzheitlich zu nutzen, um dadurch den Einsatz von Portlandzement zur Herstellung neuer Betonerzeugnisse weiter zu reduzieren und gleichzeitig den Betonbruchabfall zu minimieren. Diese Vorgehensweise würde zu einer deutlichen Verbesserung der Ökobilanz von Betonbauteilen führen.


Der notwendige Brennprozess zur Erstellung einer Tonne Portlandzementklinker setzt rd. eine Tonne CO2 frei [3] und ist für rd. 5 bis 7 % des jährlichen weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich [4]. Durch die generelle Forderung der Senkung der CO2 - Emissionen ist die zementproduzierende Industrie aufgefordert durch energieeffizientere Prozesse, sowie insbesondere durch die Absenkung des eigentlichen Portlandzementklinkergehaltes durch Einsatz von z.B. Hüttensand, Kalkstein (ungebrannt), oder Flugasche, den Ausstoß von CO2 im Rahmen ihrer Produktion zu reduzieren. Diesem Ansinnen steht allerdings entgegen, dass die vorgenannten Ersatzstoffe in Zukunft nicht mehr in den dafür erforderlichen Mengen und Qualitäten zur Verfügung stehen werden. Durch die positiven Entwicklungen im Bereich der erneuerbaren Energiequellen sind z.B. die anfallenden Flugaschemengen - aus der
Steinkohlenverstromung - stark rückläufig. Bis 2035 ist mit einem deutlichen Rückgang der verfügbaren Mengen an Steinkohlenflugasche in Deutschland von derzeitig etwa 3,5 Mio. Tonnen auf 2,2 Mio. Tonnen pro Jahr zu rechnen [6]. Ferner zeichnet sich in den letzten Jahren ein leichter Rückgang in der Rohstahlproduktion ab [7], welche die Grundlage zur Herstellung von Hüttensandmehl ist. Da bereits heute die gesamten Mengen an Steinkohlenflugasche und Hüttensand in der Zement- bzw. Betonindustrie verwertet werden, ist es unabdingbar „neue" Pulverstoffe für die Bauindustrie zur Betonherstellung zur Verfügung zu stellen. Um die bereits vorhandene und sich weiter vergrößernde Materialknappheit zur Herstellung herkömmlicher Bindemittel kompensieren zu können, müsste der Einsatz von Klinker als Hauptbindemittelkomponente wieder deutlich erhöht werden. Eine Reduktion des Bindemittelgehaltes in Betonen kommt nicht in Frage, da aus technischer Sicht bestimmte Mindestbindemittelgehalte im Beton eingehalten werden müssen [8]. Diese Mindestgehalte werden bereits heute im Rahmen der technischen Möglichkeiten nahezu ausgeschöpft. Es müssen daher alternative Bindemittelsysteme gefunden werden bzw. zum Einsatz kommen, um die entstehende Versorgungslücke mit hochwertigen Bindemitteln auf einem technisch vergleichbaren Niveau zu schließen. Im Sinne des Kreislaufgedankens und damit der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung müssen diese neuen Bindemittel auf Baustoffrecyclaten basieren.

Nach dem aktuellen Stand der Technik ist es möglich alternativ zu klassischen Portlandzementen Bindemittel auf Basis von alkalisch aktivierbaren mineralischen Pulverstoffen mit einem um 20 bis 80 % niedrigerem CO2-Aufkommen herzustellen [9, 10]. Jeder geeignete Ausgangsstoff zur alkalischen Aktivierung enthält eine amorphe, reaktive Komponente („energetische Phase"). Die alkalische Anregung der Pulver erfolgt oftmals über Natron- bzw. Kaliumwasserglaslösungen. Aufgrund der sehr guten Aktivierbarkeit werden derzeit hauptsächlich die begrenzt verfügbare Hochofenschlacke [11, 12, 13] oder Metakaoline [14] als aktivierbare Pulverstoffe eingesetzt. Der Reaktionsprozess der alkalischen Aktivierung lässt sich grundsätzlich in zwei Phasen einteilen. Die erste Phase wird als „Löseprozess" bezeichnet. Abhängig vom pulverförmigen Ausgangstoff gehen durch die Zugabe des alkalischen Anregers reaktives SiO2 und Al2O3 in Lösung und bilden mineralische Monomere bzw. Oligomere. In der anschließenden zweiten Phase setzt auf Basis einer Polykondensation - unter Abspaltung von Wasser - ein Erstarren und Verfestigen des Bindemittels ein. Wiederum in Abhängigkeit von den gewählten Ausgangsstoffen bilden sich z.B. festigkeitsbildende alumosilicatische Netzwerke aus. Erste Tastversuche im Labor für Baustoffe der FH Münster zeigen, dass sich Bindemittelleime aus Betonmehl unter Zugabe eines alkalischen Anregers herstellen lassen.


Zielsetzung des Projektes ist es die erläuterten Problemstellungen (Verwendung des anfallenden Betonbruchs und Entwicklung einer Bindemittelalternative) aufzugreifen und in einem Projektziel zu vereinen.


Neben der bereits bekannten Weiterverwendung als Gesteinskörnung, soll in diesem Projekt die Weiterverwertung des Betonbruchs als Bindemittel ermöglicht werden, was die ökologische Nachhaltigkeit des Baustoffes Beton deutlich verbessert. Hierdurch sollen die notwendigen Anteile von Portlandzement, Flugasche und Hüttensand im fertigen Betonprodukt ersetzt werden. Neben der vollständigen Weiterverwertung des Betonbruchs in hochwertigen Anwendungen wird hierdurch eine Reduzierung der CO2-Emmissionen grundsätzlich möglich.


Als Projektziel steht die Entwicklung eines produktnormkonformen Betonpflastersteins gemäß DIN EN 1338 im Zentrum der Entwicklungsarbeit. Hierdurch werden die folgenden Effekte erreicht:


- Eine vollständige und nachhaltige Nutzbarkeit von Betonabbruchmaterialien
- Nachweis der technischen Umsetzbarkeit im Produktionsbetrieb
- Schonung von natürlichen Rohstoffressourcen
- Schonung von Primärenergieressourcen
- Reduzierung der CO2-Emissionen


Die Zielgruppe des geplanten Projektes ist die zementverarbeitende Betonwarenproduktion (z.B. Betonpflastersteine, Bordsteine, Treppenstufen, Garten- und Landschaftsbaugestaltende Elemente, Winkelstützen, Mauersteine, Dachsteine etc.).

 

Projektleitung


Prof. Dr.-Ing. Jörg Harnisch
Fachbereich Bauingenieurwesen
Corrensstraße 25
48149 Münster
Tel: 0251 83-65586

Projektzeitraum


vom 01.12.2018 bis 01.12.2020

Kooperationspartner


  • REKERS Betonwerk GmbH

Finanzierung


  • Deutsche Bundesstiftung
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